Planspiele

Die Debatte unter der großen Europa-Flagge wird hitziger: Krisensitzung im Ministerrat, dem Machtzentrum der EU. Soeben droht die Osterweiterung zu scheitern. Spanien möchte die aussichtsreichen Aufnahmeverhandlungen mit Polen an Verhandlungen mit Cypern koppeln. "Wenn mit Polen", so der spanische Außenminister, "ein Land mit vergleichbar niedrigen Löhnen zu unserem Markt-Konkurrenten wird, dann wollen wir Cypern zur Unterstützung der Mittelmeerpolitik." Das wirft Probleme auf: Mit Cypern, dessen Norden türkisch besetzt ist, unabhängig von der Türkei zu verhandeln, könnte Krieg bedeuten. Mit der Türkei wiederum möchte niemand verhandeln, bevor sich die Menschenrechtslage nicht wesentlich verbessert hat. Das bettelarme Bulgarien, das heute als viertes potentielles Beitrittsland auf der Agenda steht, würde den EU-Nettozahlern zu sehr auf der Tasche liegen. Die Folge: Mangels Einstimmigkeit wird keiner der vier Beitrittskandidaten zu Verhandlungen mit der Kommission zugelassen. Das EU-Parlament ist entsetzt, die Presse titelt: "Diplomatischer Super-GAU in Brüssel".
Quelle: Andreas Petrik: Den politischen Ernstfall spielen. Wenn die Osterweiterung der EU im IfL stattfindet. In: Hamburg macht Schule 3/2001: 19-21

Planspiele sind eine handlungsorientierte Lehr- und Lernmethode, die sich wie kaum eine andere zur Vermittlung komplexer Zusammenhänge eignet. Hintergrund bildet ein Szenario, das fiktiv oder dem aktuellen gesellschaftspolitischen Geschehen entlehnt sein kann. Die Teilnehmenden übernehmen die Rollen von Akteuren und spielen die durch das Szenario vorgegebenen Verhandlungs- und Enscheidungsprozesse nach.
Es gibt eine Reihe von Planspielen zu europäischen Themen. Dabei kann es um europäische Innenpolitik gehen oder um Europa als weltpolitischer Akteur, etwa im Rahmen des Kopenhagener Klimagipfels.
Den besten und aktuellsten Überblick über auf dem Markt befindliche Planspiele bietet die Planspieldatenbank der Bundeszentrale für politische Bildung. Hier lässt sich auch schnell feststellen, ob ein Planspiel frei zugänglich ist oder kostenpflichtig!

Klassiker sind Planspiele zur Erweiterung der EU (Kandidaten sind, Stand 2015: Türkei, Serbien, Mazedonien, Moldawien, Ukraine, Island, Norwegen, Schweiz ...). Sie werden von wechselnden Anbietern und Teamern vorgehalten. Mehrfach in Hamburg durchgeführt wurden diese Planspiele vom
– Team Jugend für Europa des Centrums für angewandte Politikforschung der LMU München und
– vom Institut für prospektive Analysen, Berlin (dazu zwei Fotostrecken von der Schule am Eichtalpark und vom Gymnasium Altona zum Planspiel „Europa unter Strom“).
URL: http://www.eu-planspiele.de/content/view/98/3 ...

Alle genannten Akteure und Anbieter sind auf langfristige Anfragen hin bereit, Schulen bei der Implementierung dieser anspruchsvollen Großmethode im Curriculum einer Schule zu unterstützen.

Wenn Sie noch nie ein Planspiel durchgeführt haben, gibt der Erfahrungsbericht von Andreas Petrik (bis 2007 Lehrer am Gymnasium Corvey, Professor für Didaktik der Sozialkunde an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg), einen anschaulichen Eindruck von den Anforderungen und Möglichkeiten dieser Großmethode (Anhang: Erfahrungsbericht Planspiel EU-Osterweiterung).

Eine wichtige Rolle innerhalb eines Planspiels kommt regelmäßig dem Akteur "Öffentlichkeit" zu. Im Modell meistens durch eine Pressegruppe installiert. Einen anschaulichen Eindruck von den Arbeitsergebnissen gibt Ihnen die Planspielzeitung „Sonderausgabe zur Klimakonferenz 2009“(Anhang: Sonderausgabe zur Klimakonferenz)