Lernausgangslagen: Einstellungen zu Europa
Lernausgangslagen: Einstellungen zu Europa
Schülerinnen und Schüler sind schon „in Europa drin“ und leben ganz selbstverständlich mit der Tatsache Europa. Sie wollen keinesfalls „missioniert“ werden! Aus verschiedenen Eurobarometer-Studien und den Shell-Jugendstudien lässt sich insgesamt eine deutlich höhere Europa-Affinität bei jungen Menschen im Vergleich zu Älteren feststellen, die aber nicht mit Europakompetenz einhergeht.
Die Einstellungen junger Menschen zu Europa sind ambivalent: Einerseits ist „Europa“ gerade bei Jugendlichen ein eher positiv besetzter Begriff, der z.B. mit Reisefreiheit und attraktiven Möglichkeiten zum Kennenlernen neuer Freunde und Freundinnen verbunden und wie selbstverständlich genutzt wird.
Andererseit ist das komplexe Gebilde „Europäische Union“ eher negativ besetzt. Es wird verbunden mit „Bürokratie“ und „Komplexität“ (vgl. Kleine Europa-Didaktik).
Deshalb ist es wichtig, begrifflich Europa und EU zu trennen.
Europa-Bildung sollte an den schon vorhandenen Einstellungen und Bildern der Schülerinnen und Schüler zu Europa und zur EU anknüpfen. Statistisch wird das Europa-Bewusstsein erfasst von Eurostat und dem Euro-Barometer (-> M 1).
Die Erhebung und Reflexion von Voreinstellungen kann auch Teil des Unterrichtsprozesses selbst sein. Dazu gibt es methodische Hilfen, z.B. die Positionslinie oder die Streitlinie (vgl. Literatur und Links).
Europäische Bildungsarbeit sollte sich nicht als Missionierung und Werbung für mehr Pluralität und Vielfalt verstehen. Vielfalt und Pluralität kann auch Angst und Abwehr erzeugen. Die Komplexität steigt eher; es entstehen unübersichtliche Verhältnisse. Der junge Mensch sucht auch nach Orientierung und Sicherheit. Dies gilt z.B. für interkulturelle Begegnungen schon im europäischen Kulturraum. Europa-Bildung darf nicht zur gymnasialen Angelegenheit werden.
Europa-Skepsis
Die EU zerfällt (noch) nicht
"Die EU zerfällt (noch) nicht
Das Fehlen einer neuen Vision über die Rolle der EU in Europa und der Welt wird durch Fehlschläge in bedeutenden politischen Bereichen untermauert – wie etwa in der Wirtschaftspolitik oder der Immigrations- und Sicherheitspolitik. All diese Fehlschläge zeigen, dass die EU ohne gemeinsame Ziele und zusammenhaltende Strategie antriebslos dahinschwebt. Trotzdem ist es noch nicht so weit, dass die EU zerfällt, da Mitgliedsstaaten der und Institutionen in der EU noch immer miteinander interagieren, wenn auch widerwillig. Die EU lebt noch, auch wenn sie ohne gemeinsame Visionen bedenklich kränkelt. Wie lange sie aber noch ohne eine solche Vision existieren kann, insbesondere wenn solch visionäre Mängel effektivere Lösungen in Krisenzeiten verhindern, bleibt fraglicher denn je."
www.frankfurter-hefte.de/Archiv/2011/Heft_07-08/artikel-juli-schmidt.html, 2011