Promotionsvorhaben
Laufende Promotionsvorhaben:
Hauer, Susanne: Growth oder fixed-Mindsets? : Entwicklung und Evaluation einer Intervention zur Veränderung des Mindsets von Schüler:innen
Erstbetreuer: Jan Retelsdorf
Der Alltag in Schule und Lehranstalten zeigt, dass es deutliche Unterschiede bei den Lernenden gibt. Manche Schüler:innen sind stets motiviert, scheuen sich nicht vor schwierigen Aufgaben und haben keine Angst Fehler zu machen. Misserfolg ist für sie kein Grund aufzugeben, sondern wird als Ansporn empfunden aus den Fehlern zu lernen und noch härter an sich zu arbeiten. Diese Schüler:innen sind offen für Anregungen und Kritik. Andere Schüler:innen schrecken vor Herausforderungen zurück, geben ihrem fehlenden Talent die Schuld an Misserfolgen und Fehlern. Sie sind davon überzeugt, dass ihre Intelligenz angeboren ist und damit unveränderbar.
Carol Dweck, Professorin an der Stanford Universität in Kalifornien, erkannte diese Unterschiede zwischen Lernenden und entwickelte nach über 30 Jahren Forschung die Theorie des Mindsets. Darin unterscheidet sie fixed und growth Mindsets. Schüler:innen mit einem fixed Mindset sind davon überzeugt, dass Persönlichkeitsmerkmale wie Intelligenz angeboren sind und tendieren stark dazu anderen Mitschüler:innen beweisen zu wollen, wie intelligent oder begabt sie sind. Dagegen sind Schüler:innen mit einem growth Mindset eher daran interessiert sich weiterzuentwickeln. Bei Hindernissen zeigen diese Schüler:innen ein stärkeres Durchhaltevermögen, denn sie erkennen die Anstrengung als notwendigen Einsatz für ihren Lernerfolg an.
In dem Promotionsvorhaben wird ein Training zur Förderung eines growth Mindsets entwickelt und evaluiert. Es werden drei Trainingseinheiten zu je 90 Minuten durchgeführt, in denen die Theorie der Mindsets sowie Grundlagen des Lernens und des Aufbaus des Gehirns vermittelt werde. In der Promotion wird ein besonderes Augenmerk auf die große Heterogenität der Schülerschaft gelegt.
Kontakt:
Millhagen, Ole: Auswirkungen unterschiedlicher Lesebedingungen auf den Lernerfolg vor dem Hintergrund eines Vergleichs zwischen digitaler und analoger Darbietungsform
Erstbetreuer: Jan Retelsdorf
Bereits seit einigen Jahrzehnten hat das digitale Lernen Einzug in unser Leben gehalten. Ein Lernen ohne Medien ist heutzutage undenkbar. Bereits im Jahr 1992 veröffentlichte Dillon eine erste Metaanalyse zu diesem Thema.
Seither wurden umfangreiche Studien zu verschiedenen Forschungssträngen zum digitalen Lernen und Lernerfolgen, auch mit Vergleichen zum analogen Lernen durchgeführt (u.a. Noyes & Garland, 2008; Mangen & Kuiken, 2014; Shenoy & Aithal, 2016).
Einer dieser Forschungsstränge befasst sich mit den Auswirkungen unterschiedlicher Schriftarten auf den Lernerfolg. Dabei wurden Schriftarten verglichen, die speziell für das digitale bzw. für das analoge Lernen entwickelt wurden. Hierzu haben bspw. die Autoren Ali, Wahid, Samsudin und Idris (2013), sowie der Autor Josephson (2015) veröffentlicht. Diese Studien befassten sich mit möglichen Unterschieden für den digitalen Bereich.
An dieser Stelle soll meine erste Studie anknüpfen. Das Ziel dieser ersten Studie ist es, Schriftarten, die anhand bisheriger Erkenntnisse für digitales Lernen geeignet sind, mit Schriftarten für analoges Lernen zu vergleichen. Beide Sorten von Schriftarten werden sowohl in digitalen als auch in analogen Lernsettings im Hinblick auf den Lernerfolg untersucht.
Kontakt:
ole.millhagen"AT"gmx.de
Mobil: 0176-63876524
Schwalbe-Kleinhuis, Antje: Konzeption und Methodik einer Feldenkrais-Pädagogik im Kontext systemisch-konstruktivistischer Pädagogik
Erstbetreuerin: Telse Iwers
Die Feldenkraismethode versteht sich als somatische Lernmethode und ist bisher vorwiegend in ihrer Anwendung im Gesundheitswesen und therapeutischen Bereich, untersucht und beschrieben, aber bisher nicht in erziehungswissenschaftlicher Hinsicht erarbeitet worden. „Die Feldenkraispädagogik“ sagt Wolfgang Praschak „wird ihren verdienten gesellschaftlichen Platz erst dann erhalten, wenn sie sich auch in erziehungswissenschaftlicher Hinsicht besser fundiert.“ Diese von Praschak im Feldenkraisforum, 2010, veröffentlichte Aussage ist bisher nicht weitergeführt worden und soll in der geplanten Dissertation wieder aufgegriffen und mit der neueren erziehungswissenschaftlichen und didaktischen Theoriebildung in Verbindung gebracht werden.
Die theoretische Reflexion der Pädagogik der Feldenkrais-Methode, ihre Zuordnung zur systemisch-konstruktivistischen Pädagogik und Darstellung ihrer Bedeutung für Selbstbildung und der damit verbundenen Förderung von Potentialentfaltung und Handlungsfähigkeit des Menschen, könnte sowohl für das Verständnis und die Anerkennung der Feldenkrais-Methode als auch für eine von der systemisch-konstruktivistischen Pädagogik inspirierten Bildungsarbeit bedeutsam sein.
Für eine theoretische Fundierung der Feldenkrais-Methode in der Erziehungswissenschaft ist geplant, sie zunächst mit ihrem, auf die Pädagogik bezogenen, geistes- und kulturgeschichtlichen Hintergrund darzustellen. Im Hauptteil der Dissertation soll sie mit den ihr zugrundeliegenden Annahmen dargestellt und aus Perspektive heutiger Forschung kritisch beleuchtet und gegebenenfalls gestützt werden.
Abschließend geht es auch darum, Perspektiven für die Weiterentwicklung der Feldenkrais-Methode zu skizzieren.
Kontakt:
Antje Schwalbe-Kleinhuis, M.A. Fachbereich Erziehungs- und Bildungswissenschaft
Abgeschlossene Promotionen:
Cruz Neri, Nadine (2022): Interaction Effects of Person and Linguistic Item Characteristics on Mathematics and Science Performance
Erstbetreuer: Jan Retelsdorf
Mathematische und naturwissenschaftliche Kompetenzen werden in der Regel verbal-schriftlich erhoben. Dementsprechend kommt der Lesekompetenz eine entscheidende Rolle zu, um Testitems zur Erhebung mathematischer und naturwissenschaftlicher Kompetenzen zu lösen. Zusätzlich kommt erschwerend hinzu, dass die Sprache in der Mathematik und den Naturwissenschaften durch eine gewisse linguistische Komplexität gekennzeichnet ist. Unter der Annahme, dass diese linguistische Komplexität zu Schwierigkeiten im Verständnis führen kann, könnte diese auch die fachlichen Leistungen beeinflussen.
Aus der Forschung geht hervor, dass diverse Personenmerkmale prädiktiv für die fachlichen Leistungen in Mathematik und den Naturwissenschaften sind. Dazu gehören bspw. der Wortschatz und die Lesekompetenz. Weiterhin sind auch einige sprachliche Itemmerkmale negativ mit fachlichen Leistungen assoziiert wie bspw. polyseme Wörter oder Nominalisierungen. Diese Effekte wurden bislang vorrangig in Form von Haupteffekten untersucht. Allerdings zeigen sich in der Literatur Hinweise auf Interaktionseffekte von Personen- und Itemmerkmalen auf die fachlichen Leistungen: Das heißt, dass Personen mit unterschiedlichen Merkmalsausprägungen unterschiedlich stark von sprachlichen Itemmerkmalen in ihren Leistungen beeinflusst werden.
In der ersten Studie wurde der Interaktionseffekt der Lesekompetenz und der Wortanzahl von Items zur Erhebung naturwissenschaftlicher Kompetenzen auf die Leistung von Schüler:innen untersucht. Die Ergebnisse zeigten unter Kontrolle mehrerer Kovariaten keinen Haupteffekt der Wortanzahl auf die naturwissenschaftliche Leistung. Es zeigte sich jedoch ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen der Lesekompetenz der Schüler:innen und der Wortanzahl in Items auf die naturwissenschaftliche Leistung: Insbesondere Schüler:innen mit hoher Lesekompetenz profitierten von Items mit steigender Wortanzahl.
In der zweiten Studie wurden die Interaktionseffekte verschiedener Lesekompetenzkomponenten (z. B. Wortschatz) und Itemmerkmale von Items zur Erhebung alltagsmathematischer Kompetenzen auf die Leistung von Erwachsenen untersucht. Die Ergebnisse zeigten Haupteffekte der Lesekompetenzkomponenten und der Itemmerkmale auf die Mathematikleistung von Erwachsenen. Darüber hinaus ergaben sich Interaktionseffekte zwischen dem Textverstehen und der Anzahl der Präpositionen bzw. der lexikalischen Dichte auf die Mathematikleistung.
In der dritten Studie wurde untersucht, ob Schüler:innen mit Lesestörung mehr von einer sprachlichen Vereinfachung (engl. linguistic simplification) in naturwissenschaftlichen Fächern profitieren als Schüler:innen ohne Lesestörung. Sprachliche Vereinfachung bezieht sich dabei auf die Modifikation der Sprache in Items, um die sprachliche Komplexität zu reduzieren ohne dabei den fachlich-konzeptionellen Inhalt zu verändern. Es zeigte sich weder ein Haupt- noch Interaktionseffekt der sprachlichen Vereinfachung auf die naturwissenschaftliche Leistung. Allerdings schnitten Schüler:innen mit Lesestörung in den Items zur Erhebung naturwissenschaftlicher Kompetenzen deutlich schlechter ab als Schüler:innen ohne Lesestörung.
Studie 1: Cruz Neri, N., Guill, K., & Retelsdorf, J. (2021). Language in science performance: Do good readers perform better? European Journal of Psychology of Education, 36(1), 45–61.
Studie 2: Cruz Neri, N., Wagner, J., & Retelsdorf, J. (2021). What makes mathematics difficult for adults? The role of reading components in solving mathematics items. Educational Psychology, 41(9), 1199–1219.
Studie 3: Cruz Neri, N., & Retelsdorf, J. (2022). Do students with specific learning disorders with impairments in reading benefit from linguistic simplification of test items in science? Exceptional Children, 89(1), 23-41.
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Muntoni, Francesca (2019): The Power of Others: How Gender Stereotypes Contribute to the Differential Success of Boys and Girls in Reading
Erstbetreuer: Jan Retelsdorf
Mädchen schneiden im Lesen besser ab als Jungen - dies ist ein weltweites Phänomen. Tatsächlich haben große Schulleistungsstudien wiederholt bessere Leseleistungen für Mädchen als für Jungen gezeigt. Schulische Geschlechterunterschiede bestehen allerdings nicht nur in der Leistung, sondern auch in anderen fachbezogenen Merkmalen. So zeigen die Schulleistungsstudien weiterhin konsistent, dass Mädchen höhere lesebezogene Fähigkeitsselbstkonzepte angeben und stärker motiviert sind zu lesen als die Jungen. Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass Geschlechterunterschiede in akademischen Merkmalen wie zum Beispiel in der Leistung, in der Motivation und in Kompetenzüberzeugungen zumindest teilweise sozial konstruiert sind. So beeinflussen gemäß der Erwartung-Wert-Theorie die Stereotype von signifikanten Anderen wie Eltern, Lehrkräften oder Peers die Leistung, die Kompetenzüberzeugungen und die Motivation von Schüler:innen.
Dennoch bleiben wichtige Fragen hinsichtlich des Einflusses der Geschlechterstereotype von signifikanten Anderen offen. Diese Arbeit versucht, einige dieser Fragen zu beantworten. Mit dem Ziel, das Verständnis der Geschlechterunterschiede im Lesen zu vertiefen, wurde untersucht, inwieweit Geschlechterstereotype von signifikanten Anderen den unterschiedlichen Leseerfolg von Jungen und Mädchen erklären können. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit drei empirische Studien durchgeführt: Studie 1 untersuchte den Einfluss von elterlichen Geschlechterstereotypen, die Mädchen im Lesen favorisieren, auf die Kompetenzüberzeugungen, Motivation und Leistung von Jungen und Mädchen. In Studie 2 wurde untersucht, ob Lehrkräfte auf Basis ihrer lesebezogenen Geschlechterstereotype, die Mädchen im Lesen favorisieren, stereotypenkonforme individuelle Erwartungen über die Leseleistung ihrer Schüler:innen bilden und ob diese Erwartungen einen Einfluss auf die Leseleistung ihrer Schüler:innen haben. In Studie 3 wurde untersucht, inwieweit die geschlechtsspezifischen Stereotype von Klassenkamerad:innen, die Mädchen im Lesen favorisieren, mit den individuellen Kompetenzüberzeugungen, der Motivation und der Leistung im Lesen von Jungen und Mädchen zusammenhängen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Geschlechterstereotype signifikanter Anderer eine zentrale Rolle in der Entwicklung und Aufrechterhaltung von schulischen Geschlechterunterschieden spielen, da sie unter anderem die Erwartungen und das Verhalten signifikanter Anderer bestimmen und so zu Teufelskreisen in der Entwicklung von akademischen Merkmalen wie Kompetenzüberzeugungen, Motivation und Leistung von Schüler:innen führen können.
Die Ergebnisse von Studie 1 zeigen, dass eine hohe Ausprägung des elterlichen lesebezogenen Geschlechterstereotyps sich bei Jungen negativ auf deren lesebezogene Motivation und Kompetenzüberzeugungen auswirkt. Zudem zeigt sich gemäß des Erwartung-Wert-Modells ein indirekter Effekt vom elterlichen lesebezogenen Geschlechterstereotyp sowohl über die lesebezogene Motivation als auch über die lesebezogenen Kompetenzüberzeugungen auf deren Leseleistung. Darüber hinaus zeigt Studie 2 folgendes: je stärker das Geschlechterstereotyp der Lehrkräfte ausgeprägt ist, desto positivere Erwartungen entwickeln sie für die Mädchen und desto negativere Erwartungen für die Jungen. Höhere Erwartungen wiederum sind auch unter Kontrolle der Vorleistung signifikant mit der späteren Leistung verknüpft. Es zeigen sich also abhängig vom Stereotyp der Lehrkräfte geschlechtsspezifische Erwartungseffekte. Die Ergebnisse von Studie 3 zeigen, dass die Geschlechterstereotype von Klassenkamerad:innen negativ mit den lesebezogenen Kompetenzüberzeugungen, der lesebezogenen Motivation und der Leseleistung von Jungen zusammenhängen.
Alle drei Studien tragen zu einem besseren Verständnis der geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Lesen bei, zeigen aber auch die Komplexität der Auswirkungen von Geschlechterstereotypen auf.
Studie 1: Muntoni, F. & Retelsdorf, J. (2019). At their children’s expense: How parents’ gender stereotypes affect their children’s reading outcomes. Learning & Instruction, 60, 95-103.
Studie 2: Muntoni, F. & Retelsdorf, J. (2018). Gender-specific teacher expectations in reading—the role of teachers’ gender stereotypes. Contemporary Educational Psychology, 54, 212-220.
Studie 3: Muntoni, F., Wagner, J., & Retelsdorf, J. (2020). Beware of stereotypes: Are classmates’ stereotypes associated with students’ reading outcomes? Child Development.