Kooperatives Lernen und Ungewissheit im Englischunterricht
Erkenntnisinteresse:
Das laufende Projekt untersucht unterrichtliche, lehrerseitige und schülerseitige Effekte der Einführung kooperativen Lernens im Englischunterricht. Dazu wurden vier Lehrer/innen in echtem Längsschnitt über drei Jahre dabei begleitet, wie sie kooperatives Lernen im Englischunterricht der frühen Mittelstufe (Klassen 5-7) eingeführt und etabliert haben. Es wurden Unterrichtsvideographien, episodische Interviews und Sprachtests durchgeführt und in Bezug auf die Transkriptionen qualitativ (Dokumentarische Methode), sowie in Bezug auf die Testdaten quantitativ (Rasch-Analyse) ausgewertet.
Im Zuge des Projekts zeigte sich, dass einerseits Englischunterricht selbst durch die Komplexität der bei den Schüler/innen ablaufenden Spracherwerbsprozesse erhebliches Ungewissheitspotenzial birgt, das durch fragwürdige fachspezifische Strategien (z.B. rigide Verwendung des Lehrbuchs) neutralisiert wird. Andererseits zeigte sich, dass kooperatives Lernen als neue Unterrichtsform darüber hinaus ein erhebliches Ungewissheitspotenzial erzeugt, das zusätzlich bearbeitet werden muss. Insbesondere bei den Lehrer/innen am Gymnasium besteht daher eine erhöhte Bereitschaft, aufgrund der dortigen auf Konkurrenz und soziale Norm angelegten Ausgestaltung der Allokationsfunktion die Offenheit der kooperativen Settings immer wieder zu schließen. Besonders interessant ist, dass dies auch gegen den erklärten eigenen Willen geschieht. Dies verweist auf die Bedeutsamkeit habitueller und damit impliziter Wissensbestände für professionelles Lehrerhandeln.
Gleichzeitig zeigte sich, dass kooperative Lernarrangements den Lehrer/innen die Möglichkeit bieten, produktiv mit Ungewissheit umzugehen und dass der produktive Umgang mit Ungewissheit durchaus mit der Nutzung biographischer Ressourcen verknüpft ist. Im Zuge des Projekts, sowie in den Arbeiten des Arbeitsbereichs zu Professionalität und Professionalisierung wurde dies bereits in theoretische Modelle und die Diskussion des Einflusses unterschiedlicher Wissensformen auf Professionalität umgesetzt (vgl. Publikationen).
Publikationen:
Bonnet, A. & Breidbach, St. (2017, i.Dr.). CLIL teachers’ professionalization: between instrumental skills and professional identity. In A. Lllinares & T. Morton (eds.), An Applied Linguistics Perspective on CLIL. London: Benjamins.
Bonnet, A. & Hericks, U. (2013). Professionalisierung bildend denken – Perspektiven einer erziehungswissenschaftlichen Professionstheorie. In K. Müller-Roselius & U. Hericks (Hrsg.), Bildung. Empirischer Zugang und theoretischer Widerstreit (S. 35-54). Opladen: Barbara Budrich.
Bonnet, A. & Hericks, U. (2014). "kam grad am Anfang an die Grenzen" – Potenziale und Probleme von Kooperativem Lernen für die Professionalisierung von Englischlehrer/innen. Zeitschrift für interpretative Schul- und Unterrichtsforschung, 3 (1), 86-100.
Hericks, U., Keller-Schneider, M., Bonnet, A. (2017, i.Dr.). Lehrerprofessionalität in berufsbiographischer Perspektive. In M. Gläser-Zikuda, M. Harring & C. Rohlfs (Hrsg.), Handbuch-Schulpädagogik. Münster: Waxmann.
- Projektleitung: Prof. Dr. Andreas Bonnet, Prof. Dr. Uwe Hericks