JaMu
Gemeinsames Lernen im jahrgangsgemischten Grundschulmathematikunterricht
Antragsteller
Prof. Dr. Marcus Schütte
Fakultät für Erziehungswissenschaften, Institut Erziehungswissenschaft, Professur für Grundschulpädagogik/Mathematik der Technischen Universität Dresden
Einrichtung
TU Dresden
Laufzeit
01.01.2016 – 30.06.2019
Fördervolumen
302.000 € (Qualitätsoffensive Lehrerbildung, BMBF)
Ausgangslage
Um trotz des Rückgangs der Schüler_innenzahlen Schulstandorte in Sachsens peripheren Landkreisen zu erhalten, werden schulorganisatorische und curriculare Veränderungen diskutiert. Dazu gehören Überlegungen zum jahrgangsgemischten Unterricht, u.a. im Fach Mathematik. In altersheterogenen Lerngruppen ist ein gleichschrittiges Lernen im traditionellen Sinne unmöglich. Um diesem Dilemma zu begegnen, bieten sich Unterrichtsformen an, die im Sinne innerer Differenzierung verschiedene Angebote auf unterschiedlichen Anforderungsniveaus unterbreiten. In der Realität ergibt sich daraus in einem stark lehrgangsorientierten Fach wie dem Fach Mathematik allerdings oft ein extrem individualisiertes und separiertes Lernen, in dem das gemeinsame Erkunden und Entdecken mathematischer Zusammenhänge er- schwert ist und in dem Lehrkräfte an die Grenzen des organisatorisch Machbaren stoßen. Im Mittelpunkt des geplanten Vorhabens steht daher die Entwicklung und Erprobung mathematikdidaktischer Konzepte, die Möglichkeiten „natürlicher Differenzierung“ (Hirt & Wälti, 2008) bieten. Solche „mathematischen Lernumgebungen“ sind in der Vergangenheit bereits vereinzelt im jahrgangsübergreifenden Unterricht erprobt worden, beziehen sich dabei aber fast ausschließlich auf den mathematischen Anfangsunterricht (z. B. Rathgeb-Schnierer & Rechtstener-Merz, 2010). In aufgeschlossenen Kollegien stoßen diese Konzepte gegenwärtig auf ein verstärktes Interesse, dem das geplante Vorhaben produktiv begegnen möchte.
Ziele
Mit der Analyse der Umsetzbarkeit von jahrgangsgemischtem Unterricht am Beispiel des Faches Mathematik für die Jahrgänge 1-6 wird versucht, den künftigen Herausforderungen, die sich in Sachsen vor allem im Bereich ländlicher Schulen aufgrund von demographischem und generationalem Wandel ergeben, zu begegnen.
Ansatz
Um dieses Vorhaben erfolgreich umzusetzen, ist zunächst die Ausgangslage der sächsischen Lehrkräfte zu erfassen. Dies bezieht sich v.a. auf Erhebungen zu didaktischen Traditionen und Wahrnehmungsmustern von Lehrpersonen von mathematischen Lehr-Lern-Prozessen in heterogenen Lerngruppen sowie auf die Einstellungen der Lehrkräfte zu Formen jahrgangsübergreifenden Unterrichts. Aufbauend auf den Ergebnissen werden in einem zweiten Schritt Ler- numgebungen entwickelt, die speziell auf jahrgangsgemischtes Lernen im Fach Mathematik ausgerichtet sind und dies für die Jahrgänge 1-6 ermöglichen. Ziel ist es, dass Kindern in stark heterogenen Lerngruppen individualisiertes Lernen in der Kooperation mit anderen ermöglicht werden kann und eine Jahrgangsmischung nicht zu einer ‚Vereinsamung’ von Lernenden, die sich lediglich am selben Ort befinden, führt. Die zu erprobenden Konzepte sollen u.a. in Workshops unter Beteiligung von (Fach-)Lehrkräften entwickelt werden. Die geplanten Maß-nahmen werden parallel evaluiert, um sie auf struktureller Ebene dauerhaft in die Modulstruktur der Lehrerbildung an der TU Dresden zu integrieren
Arbeitsprogramm
Phase 1: Interviewstudie zu den Vorstellungen, die Lehrpersonen im Fach Mathematik, aber auch Lehrende im Rahmen der Lehrerbildung mit dem Begriff des jahrgangsgemischten Unterrichts verbinden (Kontrastierung erfahrener und sehr junger Lehrkräfte), Identifikation von Ansatzpunkten für die Lehrer_innenaus- und -fortbildung.
Phase 2: Konzeption von Lernumgebungen für jahrgangsgemischtes Lernen im Fach Mathematik (u.a. in Weiterbildungsworkshops und Lehrveranstaltungen). Phase 3: Evaluation der Veranstaltungen.
Verwertungsplan
Die Grundlage des Projektes stellt die Idee dar zum einen den Standort Sachsen im Bereich des jahrgangsgemischten Mathematiklernens auf die aktuellen Herausforderungen der kommenden Jahre einzustellen. Zum anderen sind aber auch strukturelle Ergebnisse zu erzielen, die über das Fach Mathematik hinweg zu nutzen sind. Insofern bietet sich das Potential für Synergieeffekte in allen Fachdidaktiken im Freistaat Sachsen auch und gerade vor dem Hintergrund zukünftig umzusetzender inklusiver Lehr-Lernsettings, die starke Anknüpfungspunkte mit dem hier ausgewählten Forschungsschwerpunkt aufweisen. So können beispielsweise mathematikdidaktische Konzepte, die in Partnerschaften zwischen sächsischen Hochschulstandorten für die Lehrerausbildung und assoziierten Schulen in Kooperationen zwischen Hochschule und Schule erprobt und wissenschaftlich begleitet werden, zu einem späteren Zeitpunkt auch als Modell für andere Fachdidaktiken und das jahrgangsgemischte Lernen in höheren Jahrgängen herangezogen werden.
Ziel ist es, das Thema „Lernen in jahrgangsgemischten Gruppen“ auf ein breites Fundament wissenschaftlicher Grundlagen zu stellen. Die Ergebnisse aus der angestrebten Analyse werden sowohl in die Hochschuldidaktik einfließen, als auch in die Inhalte der Lehre (Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken) und somit der zukünftigen Lehrer_innengeneration zugutekommen. Zudem werden sie auf der Grundlage von Weiterbildungen auch den bereits arbeitenden Lehrenden zugutekommen und hierdurch den Theorie-Praxis-Austausch zwischen Universität und Schule verstärken.
Ausblick
Nach erfolgreicher Erprobung von Veranstaltungsformaten zum jahrgangsgemischten Unterricht im Mathematikunterricht der Jahrgänge 1-6 sollen die Formate dauerhaft im Lehramtsstudium und als Weiterbildungsangebote etabliert werden. Transfers in andere Fächer und höhere Jahrgänge werden angestrebt.