Die globalisierte, mobile und beschleunigte Welt wird zunehmend als risikoreich und wenig beständig wahrgenommen. Kriege, Naturkatastrophen, Zusammenbrüche nationaler Systeme, Umbrüche im Arbeitsmarkt und dergleichen werden alltäglich vor Augen geführt. Die Kluft zwischen armen und reichen Teilen der Bevölkerung wächst exponentiell.
Eine Folge der angedeuteten Entwicklungen sind internationale Migrationsbewegungen. Sie sorgen für spürbare gesellschaftliche Veränderungen sowohl in abgebenden als auch in aufnehmenden Regionen. Alte Gewissheiten müssen zunehmend hinterfragt werden, Ungewissheit tritt an ihre Stelle: etwa über den sozialen Zusammenhalt in Gesellschaften, die Stabilität von politischen Systemen, das Vertrauen auf Frieden. Auch in Europa sind diese Entwicklungen zu verzeichnen. Das geographische, politische und wirtschaftliche Modell „Europa“, welches nach dem zweiten Weltkrieg für Stabilität und Sicherheit stand, ist selbst zu einem Faktor der Ungewissheit geworden.
Ungewissheit besteht auch in der Gestaltung individueller Lebensentwürfe, beruflicher Karrieren, sozialer und familiärer Netzwerke. Diese Beobachtungen berühren im Kern die Erziehungs- und Bildungssysteme weltweit. Sie sind gehalten, Verantwortung dafür zu übernehmen, dass ihre Klientel diejenigen Fähigkeiten erwirbt, die selbstbestimmte und verantwortliche Handlungsfähigkeit unter den gegebenen Bedingungen ermöglichen.
Da Vorstellungen dieser künftigen Bedingungen in Zeiten der Ungewissheit kaum entwickelt, geschweige denn vorhergesagt werden können, werden Erziehungs- und Bildungsprozesse und die innerhalb dieser auszubildenden Fähigkeiten selbst ungewiss.
- Was wissen wir also über die Entfaltung von Erziehungs- und Bildungsprozessen in solchen Zeiten und welche Fähigkeiten werden in dieser Gemengelage eigentlich benötigt?
- Welche Möglichkeiten besitzen Erziehungs- und Bildungssysteme, die selbst unter Unsicherheitsbedingungen agieren, für die Anbahnung einer nachhaltigen Aneignung entsprechender Fähigkeiten?
- Welche ‚Versprechungen‘, zu Problemlösungen beizutragen, können Erziehungs- und Bildungssysteme ihrer Klientel überhaupt machen, welche vermögen sie (nicht) einzulösen?
- Und was genau ist die Rolle von Erziehung und Bildung in diesem Zusammenhang und wie können Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung dazu beitragen, mit diesen Problemen umzugehen?
- Welche regionalen Erfahrungen und Erkenntnisse zu solchen Fragen lassen sich ‚internationalisieren‘, und welche sind dafür zu kontextgebunden?
Erziehungswissenschaftlicher Forschung kommt eine bedeutsame Rolle dabei zu, Antworten auf Fragen wie diese zu generieren. Sie verharrt dabei nicht im theoretischen Entwurf, sondern besitzt auch das Instrumentarium zur empirischen Prüfung von Annahmen und zur Bereitstellung wissenschaftlich informierten Handlungswissens.
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