[# Blog] ECER 2019
Impressionen und Berichte von der ECER-Tagung in Hamburg - (fast) live
Impressions and reports from the ECER-conference in Hamburg - (almost) live
Vom 2. bis 6. September 2019 fand an der Universität Hamburg die ECER statt, die größte europäische erziehungswissenschaftliche Konferenz mit über 3.000 Teilnehmenden aus der ganzen Welt.
"Bildung in Zeiten der Ungewissheit" (education in an era of risk) war das Thema. Dahinter stehen so viele spannende Themen und Eindrücke, dass wir aus studentischer Perspektive und (fast) live von der ECER berichteten.
Unsere Masterstudierende Josephine Hohberg fasste jeden Tag ihre Eindrücke vom Campus, aus den Vorträgen und aus Interviews zusammen - eine tägliche Bildergalerie gibt es noch dazu.
Texte: Josephine Hohberg (Studentin Master Lehramt)
Redaktion: Bente Gießelmann (Referentin für Wissenschaftskommunikation)
Fotos: Christian Scholz (Fotograf, Medienzentrum) sowie je nach Angabe
Hier finden Sie die Tagesberichte sowie Bildergalerien zur ECER 2019 - einfach anklicken oder direkt runterscrollen!
Here you will find daily reports as well as photos from the ECER conference in Hamburg - just click or scroll down!
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Montag, 2. September: Emerging Researchers Conference
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Dienstag, 3. September: Eröffnung der ECER
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Mittwoch, 4. September: keynotes und Poster-Ausstellung
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Donnerstag, 5. September: sessions, sessions, sessions
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Freitag, 6. September: keynote panel und Abschluss
Freitag
Last but not Least
Vier Tage ECER liegen hinter mir. Am Freitag erwartet mich das Abschlussprogramm der Konferenz, inklusive des Keynote-Panels und der Abschiedszeremonie.
Die ECER 2019 geht zu Ende
Ein letztes Mal finden sich die Besucher und Besucherinnen der ECER auf dem Campus der Universität Hamburg zusammen. Am Freitagmorgen starten die letzten Sessions und geben noch einmal die Chance, Forschungen und ihre vorläufigen Ergebnisse kennenzulernen. Der Abschlusstag ist für mich die Möglichkeit, auf die Woche zurückzublicken und bewusst zu überlegen, welche Erkenntnisse mir die letzten Tage nahegebracht haben. Ich hatte die Möglichkeit, eine ganze Menge neue Inhalte kennenzulernen.
Ganz am Anfang stand für mich die Frage, was die Erziehungswissenschaft konkret zu gesellschaftlich relevanten Veränderungen beitragen kann. Ich habe die ECER als Studierende besucht und bin in die Woche gestartet, neugierig darauf, welche Erkenntnisse die Tagung zusammentragen kann.
Denke ich an die letzten Tage zurück, fällt mir zuerst ein, dass viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue Impulse für ihre Forschungen und Erhebungen bekommen konnten. Hier wurden auf der persönlichen Ebene viele Erkenntnisse zum Weiterarbeiten geschaffen. Mir fällt auf, dass es keine abschließende Zusammenfassung der Sessions gibt. Daher kann man sagen, dass die ECER zwar Fragen vor einem großen Publikum präsentiert - die Teilnehmenden haben jedoch jeweils eigene, persönliche Erkenntnisse für die Bereiche wie z.B. Inklusion, Mehrsprachigkeit, Nachhaltigkeit, neue Medien oder Lehrerbildung erschließen können.
Besonders die Keynotes, die gehalten wurden, haben einige Antworten gegeben - zum Beispiel, dass Schule durchaus zur Bildung für Nachhaltigkeit beitragen kann, dass inklusives Lernen oder Inklusion in die Gesellschaft noch verbessert werden müssen oder dass Bildungssysteme sich in Zukunft an die veränderten Bedingungen durch Globalisierung und Migration anpassen werden. Vieles konnte dabei in den Vorträgen nur gestreift werden oder es wurden Fallstudien vorgestellt, die zumindest einen Teil der Probleme behandelt haben. Bei 999 Sessions, diversen Vorträgen und gemeinsamen Gesprächen beim Mittagessen schafft es die Konferenz jedoch durch viele kleine Puzzleteile viele Bereiche abzudecken und insgesamt in die Tiefe zu gehen, auch wenn nicht jede Person alle Veranstaltungen wahrnehmen kann.
Der Weg zu diesen Ergebnissen ist für mich dabei schrittweise, Tag für Tag, enstanden. Ein Schwerpunkt in allen Veranstaltungen waren die Herausforderungen und Chancen, die der Bildung im 21. Jahrhundert gegenüber stehen. Das Thema "Education in an Era of Risk" war Anfang der Woche der Anstoß, um über den Beitrag der Erziehungswisenschaft dazu nachzudenken.
Bei 33 Networks ließ sich bereits zu Beginn der Woche vermuten, dass es viel Diskussionsbedarf über Herausforderungen geben würde. Für mich standen die Themen Inklusion, Mehrsprachigkeit, Migration und Nachhaltigkeit besonders im Fokus. Dadurch hat sich für mich das Bild abgezeichnet, dass die Erziehungswissenschaft es in Zukunft schaffen muss, die theoretische Grundlage zu schaffen für ein Bildungssystem, dass Menschen aus den unterschiedlichsten Kontexten einbezieht, ihnen Möglichkeiten zur Entfaltung und zum Lernen bietet und dabei den Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Perspektive ermöglicht, die dafür sorgt, dass man auch noch mindestens die nächsten 50 Jahre gut auf unserem Planeten zusammen leben kann.
Nachdem die Konferenz also klar herausstellen konnte, an welchen Stellen es konkret Handlungsbedarf gibt, konnten einige Sessions und Gespräche während der ECER auch erste Ideen als Antwort auf die Herausforderungen und Risiken geben.
Projekte wie die Beschulung der Kinder, die Gefahr laufen, Schulabbrecher zu werden, sind mir als Lösungsansätze im Kopf geblieben. Aber auch die Ideen für die Erarbeitung neuer Kompetenzen im Feld Bildung für nachhaltige Entwicklung waren ein spannender Impuls, der mich selbst zum Weiterdenken angeregt hat. Nicht zuletzt haben mir die Interviews, die ich führen konnte, persönliche Einblicke gegeben: So bleibt bei mir der kritische Blick auf das Bildungssystem hängen und der Gedanke, dass man Schülerinnen und Schüler so ausbilden sollte, dass sie für die Zukunft vorbereitet werden - nicht aber dafür, möglichst erfolgreiche Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen zu sein. Für mich als Studierende aus dem Lehramt ist das eine zentrale Antwort darauf, welche Veränderungen vorgenommen werden müssen.
Was nimmst Du mit nach Hause?
Bevor die Teilnehmenden wieder an ihre Universitäten zurückkehren, möchte ich noch einmal wissen, welche Eindrücke und Erkenntnisse sie mit nach Hause nehmen werden und welche Schwerpunkte die Besucherinnen und Besucher selbst setzen.
Was nehmt ihr mit nach Hause, was erzählt ihr den Kolleginnen/Kollegen und Freundinnen/Freunden, die nicht mit bei der ECER waren? / Is there a specific impression or idea that you are taking with you from the ECER?
"I presented two papers at the ECER. Of course it's a good opportunity to talk to other people who are also working in a similiar research field. That was my main motivation. And I think for me personally the enrichment is, that the ECER has that strong european feel to it. It's also very friendly and supportive for presenters.""I am originally from Portugal, but today I'm here for the University of Glasgow. And my task was to promote ECER 2020 which will be taking place in Glasgow. I went on a very brilliant and inspiring session this morning and I think this is what ECER is about. You can always find a high quality in the researches that are presented. It's also nice to see that you are not working alone anymore in your research field."
"I'm from Norway and I held a presentation yesterday. It was a great session. I think the conference did a great job with putting my work together with other colleagues from other countries. So I learned a lot and I got a lot of feedback to work on my PhD-project. I also really liked the opening reception. It was a nice place to be there: the band was really entertaining and I liked the atmosphere of it."
"We are both historians of education. We are presenting about nurse formation during the Second World War. It was a session during the conference. I think the best part, especially for me, is to hear the state of research. And to see what is going on in the research fields around Switzerland. We are both at the very start of our academic career, so it's interesting to get an idea for what's outside of our country. Because so far we have been only educated in Switzerland. And now you get an idea about 'what are the topics of research' in Germany, in France, in England and also outside of Europe. It´s also important to see what the possibilities in research are, especially when you are doing your own research. It can inspire you to try new methods."
"We are both from Denmark, University of Copenhagen. I was basically here to get inspired and see what happens at the conference. I learned some new things about the concept of evidence in one session. In addition, it's a wonderful place here to meet the networks, there are people who are also dealing with the topics that you are interested in. And the exchange is becoming better and better."
"It has been a very nice conference, with lots of different ideas. It has made me reflect on some of my own thinking and helped to extend some of my ideas as a result of attending the presentations as well. So it's been a very interesting conference, it is also my first time attending it so it was very new to me."
"For me it was an important part that I was able to see how the different countries and different regions are dealing with the topics of the conference. There are different emphases or things that they are interested in. And in a kind of way the conference represents what priorities the different countries and regions have."
"I am from Ireland, but right now I'm working in the UK. I presented my PhD work and visited the other ECER sessions. It was my first time attending here and I travelled here from another conference from Italy last week. A thing that is striking to be a difference is the sustainability. And that makes a big difference because the setup supports you to make sustainable choices. That is harder when the conference doesn't fill up your keepcup or they provide disposable cups or plastic forks. On other conferences it is really hard to avoid it and I really think that the ECER made some important steps with the reusable cups and the public transport ticket."
"Wofür die Konferenz toll war, ist das Networking. Ich hab einen eigenen Interessensschwerpunkt, der an der Uni Hamburg so nicht angeboten wird und da konnte ich Professorinnen aus anderen Universitäten kennenlernen und habe auch Unterstützung bekommen von den Kolleginnen dort. Ich durfte auch an den Diskussionen teilnehmen und habe viele Tipps für diesen Themenbereich bekommen."
See you next year in Glasgow
Eine aufregende Woche geht zu Ende. Bis die ECER im nächsten Jahr wieder stattfindet, wird es zwischenzeitlich viele wissenschaftliche Untersuchungen geben, um nach Lösungen zu suchen. Die kommende ECER wird 2020 in Glasgow stattfinden. Viele Teilnehmende freuen sich bereits darauf, diese tolle Stadt und ihre Universität genauer kennenlernen zu können.
So endet das Treffen nicht mit einem einfachen Auseinandergehen, sondern einem neuen Ziel vor Augen, auf das die Wissenschaftlerinenn und Wissenschaftler hinarbeiten können.
Bildergalerie 6.9.2019
Donnerstag
Tacheles reden: What about Mehrsprachigkeit?
Good morning, Jó reggelt, Buenos dias, Goeie môre, Buon giorno.
Der Donnerstag auf der ECER ist für mich die Gelegenheit, um mich mit dem Thema Mehrsprachigkeit und Interkulturalität zu beschäftigen.
Der Blick über den Tellerrand
Da die ECER in einem internationalen Kontext steht, war das Thema Mehrsprachigkeit für mich ein Bereich, den ich mir auf jeden Fall genauer anschauen wollte. Den richtigen Zugang dazu zu finden war gar nicht so einfach, da es kein Network gibt, welches sich nur mit dem Thema Mehrsprachigkeit auseinandersetzt. Es ist viel mehr in die verschiedenen Themenbereiche eingewoben, wie ich im Verlauf des Tages herausfinden sollte.
Das erste Mal begegnet mir das Thema während der Session, bei der es um die Inklusion von Geflüchteten geht (Inclusion of Newcomers and Refugees). Da sich die ECER mit den aktuellen Herausforderungen beschäftigt, ist dieses Thema vor dem Hintergrund der letzten Jahre stark vertreten. Auch der NDR hat in seinem Videobeitrag bereits darauf hingewiesen, dass Flucht und Migration Schwerpunktthemen für die ECER sind.
Während der Session wird den Teilnehmenden ein Projekt aus Italien vorgestellt, dass ein Problem aufgreift, welches durch den Krieg in Syrien und die damit verbundene Flucht auftritt: Es geht um Kinder, die alleine und ohne Familie oder Begleitung geflüchtet sind (Unaccompanied Asylum Seeking Children, UASC). Das Projekt spezialisiert sich auf die besonderen Bedürfnisse, die die Kinder mitbringen. Es wird im Projekt dann versucht, einen Raum zu schaffen, in dem die Kinder angemessen betreut werden, so dass sie in den folgenden Jahren eine Chance haben, sich in der Gesellschaft, in der sie aufwachsen, zurecht zu finden.
Das selbe Thema begegnet mir an diesem Vormittag noch einmal, als ich den Keynote-Vortrag von Karen Block (Melbourne School of Population and Global Health, Australia) besuche. Auch sie spricht Migration als relevantes gesellschaftliches Thema an und betont noch einmal, wie wichtig es sei, in Bildungssystemen einen angemessenen Rahmen für Geflüchtete zu schaffen. Die Betreuung sei für Kinder und Jugendliche besonders wichtig, um ihre Entwicklung zu unterstützen und ihnen Möglichkeiten zurm Lernen zu bieten. Die Mehrsprachigkeit, die für mich heute besonders im Fokus steht, ist in diesem Zusammenhang nur ein Aspekt von Multikulturalität und der Verbindung von Migration und Bildung.
Hier werden Kontakte geknüpft
Am Nachmittag finden die Network-Treffen statt. Das sind zentrale Veranstaltungen, bei denen die Wissenschaftlerinnen und Wisenschaftler die Möglichkeit haben, sich noch einmal mit allen Teilnehmenden auszutauschen, die in einem ähnlichen Bereich tätig sind. Ich besuche das Network "Social Justice" und das Network "Research in Innovative Intercultural Learning Environments". Bei beiden Treffen kann ich in der App vorher sehen, welche Themen in den jeweiligen Sitzungen wichtig werden. Bei diesen Networks vermute ich, dass Mehrsprachigkeit ein wichtiger Aspekt in der Forschung sein könnte.
Im Vergleich zu den Sessions sind die Network-Treffen noch stärker auf die Koordination und die gemeinsame Arbeit ausgelegt. Hier wird besprochen, welche Aktivitäten und Projekte es innerhalb und außerhalb der Projektpräsentationen auf der ECER gibt. Bevor es dann in ein gemeisames Reflektieren der bisherigen Erkenntnisse geht, werden bereits Pläne für die Konferenz im nächsten Jahr vorgestellt. Hier wird noch einmal betont, dass die Zusammenarbeit der Networks nicht am Freitag mit der Konferenz endet. Die Teilnehmenden sollen die neuen Kontakte nutzen, damit der internationale Austausch weiter bestehen kann.
Die Suche ist noch nicht beendet
Von den Sessions über die Keynote bis zum Zusammentreffen der Networks war ich heute auf der Suche nach Bereichen in der Forschung, in denen mir Spuren von Mehrsprachigkeit auf der ECER begegnen. Sehr präsent war dabei die bereits erwähnte große Anzahl an verschiedenen Sprachen, die man den ganzen Tag hört. Aber darüber hinaus wollte ich auch inhaltlich etwas über Mehrsprachigkeit in der Forschung herausfinden. Da dieser Aspekt für mich stets in Verbindung mit anderen großen Themen aufgetaucht ist, habe ich die Teilnehmenden am Ende der Network-Sitzung gefragt, wo sie die Chancen von Mehrsprachgikeit sehen. So konnte ich meine Fragen des Tages doch noch beantworten.
In which cases is multilingualism an opportunity for education?
Participants from Network 7: Social Justice:
"I think multilingualism is the cornerstone for issues like identity building and educational justice. It is important that we interact with people who come from other cultures and that we communicate with them about social challenges. In addition, in the context of migration and flight, multilingualism is often the key to successful inclusion in the host society.""When I look at the ideas from the different universities, I think that in future pupils will have a chance that has not yet been sufficiently taken: The contact with children and adolescents who come to us from other cultural backgrounds. Promoting this exchange should be one of our goals."
Participants form Network 20: Research in Innovative Intercultural Learning Environments:
"For me it was an enrichment that I was allowed to get to know new ideas from the other network participants. In Germany, there are strategies to deal with areas where intercultural learning should take place. Here I can share my ideas with others and talk about differences and similarities. Of course, and there we come back to multilingualism, many do not speak in their mother tongue, but in english."
Bildergalerie 5.9.2019
Beitrag zur ECER im Deutschlandfunk
Der Deutschlandfunk berichtet am 5. September über die ECER-Konferenz und die Herausforderungen des Globalen Lernens für die Zukunft.
Mittwoch
Ein Tag mit neuen Fragen und mehr Antworten
Der Mittwochmorgen startet für mich wie bereits die anderen Tage im großen Hauptzelt auf dem Campus. Am dritten Tag der Konferenz bewege ich mich wie viele Teilnehmende schon viel sicherer zwischen den Veranstaltungsorten, die ich in den letzten Tagen kennenlernen durfte. Statt eines aufgeregten Hin- und Herlaufens stellt sich ein routinierterer und durchgeplanter Ablauf ein.
Ein ereignisreicher Vormittag
Mittlerweile trifft man unter den anderen Teilnehmenden auch viele bekannte Gesichter, mit denen man einerseits gemeinsam bereits „Sessions“ besucht hat und über die Forschungen dort diskutiert hat. Viele erkenne ich andererseits auch von den „Social Events“ der Vorabende wieder, bei denen es darum ging, dass man Kontakt zu anderen Forschenden aufbaut und sich über Projekte austauscht, die auch über die Themen der ECER hinaus gehen.
Die Beiträge, die ich mir am Morgen und Vormittag anhöre, beschäftigen sich damit, wie die Ausbildung von Lehrenden in verschiedenen Teilen der Welt verbessert werden kann in Hinblick auf die neuen Anforderungen durch z.B. Migration oder Nachhaltigkeitsziele. Mit Themen rund um globale Veränderungen und den damit einhergehenden zukünftigen Herausforderungen für die Universität setzt sich auch der Präsident der Universität Hamburg, Prof. Dieter Lenzen, in seinem Keynote-Vortrag auseinander.
Nachhaltigkeit und Bildung
Zur Mittagszeit erwartet mich direkt der nächste Programmpunkt: Im „Poster-Tent“, dass schon die letzten Tage für Besucherinnen und Besucher begehbar war, werden ab heute besonders viele Forschungen durch Poster-Präsentationen ausgestellt.
Als ich das Zelt betrete, sind schon eine Menge anderer Besucherinnen und Besucher vor Ort. Zwischen den Präsentationswänden tummeln sich viele interessierte Leserinnen und Leser, an einigen Stellen bilden sich Gruppen, die mit den Ausstellern ins Gespräch gekommen sind. Gleich zu Anfang fallen mir die Plakate zum Thema Nachhaltigkeit und Bildung auf, ein Thema, welches mir während der Konferenz immer wieder begegnet ist. Hier während der Ausstellung habe ich die Möglichkeit mit jemandem aus dem jeweiligen Forschungsteam zu sprechen.
Ich treffe Nina Roczen von der Universität Gießen, die mir ihr Projekt zur „System-Kompetenz“ im Zusammenhang mit Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Education for sustainable development) vorstellt. Sie erklärt mir, dass diese Kompetenz die Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler beschreibt, bestimmte sozialökologische Bereiche als System wahrzunehmen, dieses zu beschreiben und sich reflektiert damit auseinanderzusetzen. Das Ziel der Untersuchung soll es dann sein, einen Weg zu finden, die Kompetenz bei Schülerinnen und Schülern messen zu können.
Ich finde es toll, dass ich zu einem so neuen Thema viele Fragen stellen kann: Einerseits über den Themenbereich Nachhaltigkeit und Bildung, andererseits habe ich die Chance, die Forschenden zu fragen, wofür und vor allem wie die Forschungen angelegt sind. Für mich als Studierende ist das eine gute Gelegenheit, um mich mit Forschungsmethoden auseinanderzusetzen und verschiedene Ansätze durch die Präsentationen vergleichen zu können.
Nachgefragt
Während die anderen Teilnehmenden am Nachmittag noch weitere Sessions besuchen, darf ich heute noch einen Keynote-Speaker interviewen. Zusammen mit meinem Teamkollegen Mio treffe ich Prof. Dr. Arjen Wals für unser Interview. Er ist Professor für „Transformative Learning“ und „Socio-ecological Sustainability“ (Universität Wageningen, Niederlande). Das bedeutet, dass das Thema Nachhaltigkeit zu seinem täglichen Beruf dazugehört.
Einen kurzen Ausschnitt aus dem Interview möchte ich den Blog-Lesenden nicht vorenthalten:
Where do you see the biggest challenges and opportunities in education concerning sustainability?
Prof. Wals: "I have a social critical perspective on that. I think over time the education has been hijacked by economic interests and is preparing young people to become dilettante, flexible workers in the globalizing market, teaching them all kinds of skills that they need to be able to perform. [...] As a result we are not really preparing people for the future that is coming. And that requires that education is much more concerned with Bildung not just for people, but also for the planet and certainly not just for the economy.
So the biggest challenge for education is to reorientate itself, towards people and the planet. And to find new ways of teaching and learning and capacity building, that will make it more possible for people to live more likely on the planet and more equitably and more healthy on this planet."
Neben der neuen Perspektive auf das Thema Nachhaltigkeit und der Frage, auf welche Zukunft das Bildungssystem junge Menschen vorbereiten sollte, war es für mich persönlich spannend und aufregend, einen der Keynote-Speaker noch einmal persönlich sprechen zu können.
Ein Tag, der Neugier geweckt hat
Dieser Tag auf Konferenz hat sich für mich vor allem um das Thema Nachhaltigkeit und Wandel gedreht. Ich habe viele neue Ideen und Ansätze gehört, aber es sind auch viele neue Fragen für mich persönlich hinzugekommen. Zum Beispiel: Wie kann man Schülerinnen und Schülern konkret Kompetenzen im Bereich Bildung für Nachhaltige Entwicklung vermitteln; und welches die Inhalte einer Bildung sein müssen, in der Menschen und der Planet im Mittelpunkt stehen.
Was sich auch für diesen Tag festhalten lässt ist, dass die ECER es schafft, immer mehrere Sichtweisen und Perspektiven auf ein komplexes Thema zu eröffnen. Wer hier unterwegs war, geht mit neuen Einfällen und Anregungen nach Hause.
Bildergalerie 4.9.2019
Dienstag
Getting together for science
Der zweite Tag der Konferenz startet gleich mit einer ganzen Menge "Sessions" und schließt direkt an das Programm des Vortags an. Während noch einige Teilnehmenden durch die Mensa schlendern, auf der Suche nach Kaffee und Frühstück, sitzen die ersten Networks schon zusammen und tauschen sich aus.
Education International
Ich bin unterdessen auf dem Weg zum Gebäude VMP 5, wo ich mir Beiträge zum Thema Inklusion anschauen möchte. Bevor ich dort ankomme, beginnt aber zunächst eine kleine Odyssee durch das Gebäude, in dem ich selbst im Studium bisher doch recht wenig unterwegs war. Zum Glück bin ich mit der ECER-App bewaffnet und kann zumindest schnell rausfinden, welchen Raum ich finden muss. Die Konferenz-Guides vor Ort helfen mir dann, mich zu rechtzufinden, um dort auch heil anzukommen.
Die Session, die ich mir ausgesucht habe, wird von drei Rednerinnen gestaltet. Die Vorträge stellen Projekte aus Malta, der Türkei und Ungarn vor. Besonders spannend fand ich die Untersuchung über Schulabbrecher in Malta, dem kleinsten Land in Europa. Die Regierung hat eine Schule ins Leben gerufen, um die Schülerinnen und Schüler zu unterrichten, die aus verschiedenen Gründen Gefahr liefen, die Schule zu verlassen. Die Untersuchung versucht, die Ursachen genauer zu analysieren und Möglichkeiten zu finden, die Jugendlichen zu unterstützen. So sollen Ansätze entwickelt werden, durch die die Anzahl der Schulabbrüche in Malta reduziert werden kann.
Die Vorträge haben für mich eine neue Perspektive auf Inklusion eröffnet: einerseits weil gezeigt wurde, dass für die Schulsysteme anderer Länder Ansätze entwickelt werden, die Inklusion über Schule hinaus denken. Andererseits hat mir die Session gezeigt, dass es für ein Thema aus meinem Studium aktuelle Forschungen gibt, die die Diskussion und die Umsetzung von Inklusion in Deutschland ebenfalls voranbringen könnten. Die Teilnehmenden der Session diskutieren Möglichkeiten, wie das Bildungssystem nachhaltig verbessert werden kann und schaffen mit ihren Studien eine Grundlage, mit der man später Entscheidungen oder auch konkrete Veränderungen bewirken kann.
Statt der frustrierenden Einsicht, dass man eine halbe Stunde über ein Thema diskutiert und dann nach Hause geht, kann man hier seine Impulse an jemanden weitergeben, der ein Projekt mit persönlichem Engagement begleitet. Es ist außerdem toll zu sehen, dass die Forschungsprojekte durch das Bedürfnis entstehen, für z.B. junge Kinder und Jugendliche die Lernbedingungen zu verbessern. Für mich war es eine neue Erfahrung die Wissenschaftlerinnen beim Austausch über ihre Arbeit begleiten zu dürfen und ins Gespräch zu kommen.
"Most of our educational research comes from our teachers. Many of us doing research on education in Ireland would start off as teachers and then move in to research. That's why we have a very practical focus." (Joe O'Hara, President of EERA)
Werkzeuge für die Wissenschaft
Kurz vor der offziellen Eröffnung der ECER schaue ich mich noch im großen Hauptzelt um. Hier finde ich Literatur über Erziehung, Lehre und Bildung. Die Themen sind bunt gemischt, von Konfliktlösung bis zu digitalen Kompetenzen für Kinder und Jugendliche. Ein Stück weiter finde ich Stände der Universitäten, bei denen ich mich nicht nur über die wissenschaftlichen Projekte Informieren kann, sondern wo auch Essen angeboten wird, dass für die jeweilige Region der Universität typisch ist. Neben den fachlichen Seminaren ist der Besuch bei der ECER eben auch ein kultureller Austausch, bei dem man in Gesprächen mit internationalen Teilnehmenden auch persönliche Einblicke in die jeweiligen wissenschaftlichen Systeme bekommt.
Ganz am Ende treffe ich an einem großen Stand mit zwei Bannern die Mitarbeiterinnen von Pedocs, einem Informationsangebot vom DIPF (Leibniz Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation). Ein Angebot, dass ich allen Studierenden, aber auch allen, die sich mit Forschung beschäftigen, empfehlen kann. Pedocs ist ein Bestandteil des Fachportals Pädagogik, wie mir erklärt wird. Hier kann man wie im Unikatalog nach Literatur suchen, aber auch nach Forschungsdaten und Information. Wie oft habe ich selbst schon Stunden damit verbracht, eine bestimmte Arbeit zu finden. Angebote wie Pedocs vereinfachen den Zugang zu Literatur enorm und sind ein tolles Werkzeug, um Forschung wirklich voranzubringen.
We are just getting started
Mit dem ersten Tag der ECER-Konferenz (European Conference on Educational Research) geht die ERC (Emerging Researchers Conference) zuende. Das war das Zusammentreffen, welches exklusiv am Montag und Dienstag stattgefunden und einen besonderen Schwerpunkt auf die Arbeit von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelegt hat.
Ich bin gespannt, welche Vorträge und Erlebnisse mich die restliche Woche noch erwarten. Frei nach der Link Convenor der EERA, Mrs. Saneeya Qureshi, kann ich am Dienstagabend sagen: "It´s over but it´s not over!"
Bildergalerie 3.9.2019
Bericht über die ECER im NDR
Der NDR hat heute einen Bericht über die ECER-Konferenz sowie die Verbindung von Erziehungswissenschaft und Bildungspraxis gesendet. Hier geht es zum Video in der Mediathek.
Montag
Die ECER öffnet ihre Hallen - Education in an Era of Risk
Mit einem freundlichen "Moin Moin" wurden die internationalen Gäste heute Morgen auf der ECER begrüßt. Heute startete die Konferenz, die für die nächsten vier Tage Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den unterschiedlichsten Städten der Welt in Hamburg zusammenkommen lässt, um sich über die Forschung rund um Bildung und Erziehung in einer globalisierten Welt auszutauschen.
Die Matrix der Konferenz
Schon seit den frühen Morgenstunden findet sich rund um den Hauptcampus ein buntes Treiben von Teilnehmenden der ECER aus aller Welt. Die nächsten Tage werden die Räume der Fakultäten am Von Melle Park Platz bieten für Vorträge, Workshops und Postersessions der Konferenz, die sich mit aktuellen Themen der Erziehungswissenschaft auseinandersetzen. Das Thema der Konferenz könnte nicht aktueller sein: Education in an Era of Risk. Dabei geht es um Herausforderungen und Risiken, die im Alltagsleben entstehen, wenn es um Erziehung, Unterrichten und Lernen geht.
Die Herausforderungen, die besprochen werden, können dabei auf einer europäischen oder internationalen Ebene betrachtet werden, oder man diskutiert die Probleme anhand der konkreten und individuellen Fälle einzelner Forschungen. Die nächsten Tage auf der ECER werden für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Möglichkeit bieten, sich mit Kolleginnen und Kollegen international auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Auch andere Vertreterinnen und Vertreter der Forschung aus Hamburg und andernen Universitäten kommen zusammen, um Ideen zu sammeln und gemeinsam neue Ansätze zu diskutieren oder weiterzuentwickeln. Ich habe heute Gespräche auf Englisch, Türkisch, Norwegisch und Spanisch gehört.
Der erste Tag der Konferenz gibt daher einen spannenden Einblick in die Arbeiten anderer Universitäten und darauf, wie Bildung und Erziehung in anderen Ländern funktioniert. Dabei werden Schwerpunkte auf Themen wie Inklusives Lernen ("Inclusion"), Bildungsgerechtigkeit ("Social Justice and Intercultural Education") oder offene Lernformen, Umgang mit (sozialen) Medien und Umwelt ("Open Learning, Media and Environment") gelegt.
Wissenschaft als Brücke - science as a bridge
Im Mittelpunkt der Konferenz stehen außerdem der Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Praxis. Hier wird deutlich, dass Wissenschaft den Grundstein legt für die Bewältigung der Herausforderungen des Alltags.
Während der Eröffnung wird immer wieder Bezug genommen auf die Bewegung "Fridays for Future", deren Sprecherin Greta Thunberg zusammengefasst hat, was auch der Konferenz als Prinzip zu Grunde liegt: Es sollte die Aufgabe von Wissenschaft sein, junge Menschen in unserer Gesellschaft zu unterstützen bei ihren Herausforderungen und Problemen.
Wissenschaft kann als eine Brücke gesehen werden, um Informationen zu sichern und diese in wichtige Diskurse der Öffentlichkeit weiterzugeben. Es ist wichtig, dass die Gesellschaft auf Ergebnisse und Forschung zurückgreifen kann, um richtig handeln zu können.
Im Mittelpunkt standen also bei den verschiedenen Themen immer das gewonnene Wissen aus den Forschungen und die Möglichkeit für die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sich mit anderen auszutauschen. Für mich als Studierende hat der erste Tag neue Perspektiven und Bereiche des Faches gezeigt, die einem im Studium nicht direkt begegnen - und dass Uni nicht nur aus Seminaren, sondern vor allem aus Forschung besteht.
"Science can unite and build bridges to help handle problems in an european and international dimension, but also in a personal perspective." (Markus Friederici, Universität Hamburg)
Die Konferenz richtet hier eindeutig einen Appell an alle jungen Forschenden: Sammelt neue Ideen, Visionen und Impulse und bringt sie hier zusammen. Lernt die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kennen, die euch die nächsten 20 Jahre in eurer professionellen Arbeit begleiten werden und in ähnlichen Bereichen forschen. Nur so kann die Erziehungswissenschaft lösungsorientierter werden und zu wichtigen gesellschaftlichen Fragen eine Antwort geben.
Am Ende des Tages ...
Der erste Tag geht mittlerweile langsam zu Ende und lässt uns gespannt auf die nächsten Konferenztage zurück. Die Teilnehmenden fallen nicht nur durch ECER-Schilder und Taschen auf, sondern auch dadurch, dass sie einen Campus füllen, der sonst im Sommer von Studierenden nur wenig besucht wird. Die ECER weckt spürbar die Campus-Neugier. Und drinnen: Es entsteht eine Atmosphäre, in der sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen mit den Zuhörenden als ein Team fühlen, wenn sie ihre Untersuchungen präsentieren. Der Impuls und das Gefühl, gemeinsam an einem großen Projekt zu arbeiten, das etwas verändern kann, scheint der Antrieb für viele Teilnehmenden zu sein.
"I've been to other conferences where you present something. And usually when you present something there, you don't get anything back of value. But here you got young scientists presenting their research and getting directly feedback for it." (Aaron Toogood, De Montfort University, UK)
Bildergalerie 2.9.2019
Weitere Informationen zu ECER 2019
- Website der Konferenz ECER 2019: https://eera-ecer.de/ecer-2019-hamburg/
- ECER 2019 Programm als pdf-Dokument
- European Educational Research Association: https://eera-ecer.de/
- ECER and EERA on twitter