"Ich sehe Was(ser), was du nicht siehst..." - Virtuelles Wasser begreifen
Wissenschaftliche Begleitung zum Ausstellungsprojekt
Beteiligte Personen und Institutionen
Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher, Mathematikum Gießen (Projektleitung)
Carola Kahlen, Mathematikum Gießen
Prof. Dr. Sandra Sprenger, Didaktik der Geographie, Universität Hamburg
J. Christian Benninghaus, Didaktik der Geographie, Universität Hamburg
Prof. Dr. Kerstin Kremer, Didaktik der Biologie, IPN
Dr. Julia Arnold, Didaktik der Biologie, IPN
Gesellschaftliche Problemlage
Der direkte tägliche Wasserverbrauch in Deutschland beträgt derzeit pro Kopf durchschnittlich 120 Liter am Tag. Dieser Zahlenwert reicht jedoch nicht aus, um den tatsächlichen Wasserverbrauch zum Ausdruck zu bringen, der durch unseren Lebensstil durchschnittlich verursacht wird. Dieser schließt auch jenes Wasser ein, das bei der Herstellung der konsumierten Produkte verdunstet, verbraucht oder verschmutzt wird (Haffer, Sprenger & Kremer, 2014; Kremer & Arnold, 2013). Unter Berücksichtigung dieser erheblich größeren Mengen an sogenanntem „virtuellen Wasser“ ergibt sich ein täglicher Pro-Kopf-Verbrauch von durchschnittlich 3900 Litern Wasser (ebd.). Es kommt hinzu, dass in unserer globalisierten Welt nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass das im Herstellungsprozess einer Ware verbrauchte Wasser auch im eigenen Land konsumiert wird. Statistisch gesehen finden 69 % des Wasserverbrauchs der Deutschen im Ausland statt; häufig in Ländern, in denen Wasserknappheit und Dürre herrscht (ebd.) Nach Angaben der Vereinten Nationen haben 884 Millionen Menschen auf der Welt keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser; 2,6 Milliarden Menschen haben keine Möglichkeiten einer sanitären Versorgung. Um darauf aufmerksam zu machen, dass eine ausreichende Wasserversorgung in einer intakten Umwelt einen Teil der Grundversorgung aller Menschen darstellt, erklärte die UN im Jahr 2010 das Menschenrecht auf Wasser.
Zielsetzung des Projekts
Das Projekt sucht nach neuen Wegen der Vermittlung von Wissen und Handlungsmöglichkeiten über Nachhaltigkeit. Gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) ist unter Federführung des Mathematikums in Gießen (Prof. Dr. Albrecht Beutelspacher) eine Ausstellung mit Sachinformationen, themenrelevanten Objekten und Hands-On Exponaten entwickelt worden.
Die Ausstellung "Ich sehe Was(ser), was du nicht siehst – Virtuelles Wasser begreifen" geht in positiver Weise darauf ein, wie und wo die großen Zahlen des Virtuellen Wassers entstehen und welchen Einfluss unser Konsum in anderen Ländern haben kann. Sie zeigt globale Zusammenhänge auf und lädt den Besucher ein, im Einzelnen genau hinzuschauen. Die interaktiven Exponate fordern insbesondere eine Zielgruppe in der Sekundarstufe I spielerisch dazu auf, die nicht ganz einfache Thematik zu begreifen. Der Ausstellungsbesucher kann auf diese Weise selbst entdecken, wie bereits kleine Handlungen helfen, viel virtuelles Wasser einzusparen.
Wissenschaftliche Begleitforschung
Die Wirksamkeit der Ausstellung in Hinblick auf die Vermittlung von BNE-relevantem Wissen und Handlungsoptionen wird in unterschiedlichen Untersuchungsdesigns begleitend untersucht. Hierzu zählen Selbstreport-Fragebögen, die den Ausstellungsbesucher zu einer persönlichen Einschätzung seines Wissenserwerbs und seiner Handlungsbereitschaft nach dem Ausstellungsbesuch auffordern. Zum anderen werden an den Ausstellungsstationen Szenarien zum lauten Denken mit Kleingruppen initiiert, aufgezeichnet und für die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitskommunikation zum Virtuellen Wasser ausgewertet.
Unterrichtsmaterial für den fächerverbindenden Unterricht
Der Zusammenhang zwischen unserem alltäglichen Konsum und ökonomischen, ökologischen und sozialen Folgen der Wasserverknappung global, stellt ein komplexes Thema dar, das naturwissenschaftliche und gesellschaftswissenschaftliche Schulfächer betrifft, wenn Wissen und Handlungsbereitschaft durch schulische Bildung angeregt werden soll.
Hierzu wird Unterrichtsmaterial zur Einbindung der Thematik Virtuelles Wasser mit Bezug zum persönlichen Wasserkonsum (z.B. Tomate, Fleisch (Nahrung), Baumwolle (Kleidung), Papier, Kaffee etc.) für den Biologieunterricht erprobt. Darüber hinaus werden fächerverbindende Möglichkeiten für den naturwissenschaftlichen Unterricht entwickelt. Auf diese Weise sollen Lehrkräfte lehrplanbezogene Unterrichtsanregungen erhalten, um Impulse für die Unterrichts- und Schulentwicklung im Bereich BNE zu setzen.
Publikationen zum Weiterlesen
- Sprenger, S., Kremer, K., Kahlen, C. & Beutelspacher, A. (2016). Ich sehe Was(ser), was du nicht siehst − Virtuelles Wasser begreifen. Nachhaltigkeit vermitteln im Mitmach-Museum. Der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht (MNU), 69(4), 257-262.
- Kremer, K., Sprenger, S., Kahlen, C. & Beutelspacher, A. (2016). Wie weit muss eine Rose reisen? Globale Herausfordererungen nachhaltiger Entwicklung im fächerverbindenden Unterricht. Praxis der Naturwissenschaften - Biologie in der Schule, 65(6), 36-42.
- Haffer, S., Sprenger, S. & Kremer, K. (2014). Wasserwerte(n) – Bildung für nachhaltige Entwicklung im Museum. In M. M. Müller, I. Hemmer & M. Trappe (Hrsg.): Nachhaltigkeit neu denken. Rio + X: Impulse für Bildung und Wissenschaft (283-290). München: Oekom.
- Kremer, K. & Arnold, J. (2013). Was ist Wasser „wert“? Mit Kindern über Nachhaltigkeit philosophieren. Sache-Wort-Zahl – Lehren und Lernen in der Grundschule 135, 35-42.