Transnationale Familien: Gender und Bildung
Famílias transnacionais: Gênero e Educação
Gefördert durch CAPES (Brasilien) und den DAAD, 1.1.2019 – 31.12.2020
Hintergrund
Die Bedingungen der Migration aus Brasilien sind sehr vielfältig. Nach Europa kommen ungelernte Arbeiterinnen und Arbeiter ebenso wie Personal für hoch dotierte Stellen. In Deutschland ist die Einwanderung aus Brasilien überwiegend weiblich. Schätzungen zufolge liegt der Frauenanteil hier bei 75 Prozent. Die Motive der Auswanderung sind vielfältig und meist schwer voneinander zu trennen. Arbeit, Heirat, Familienzusammenführung und eben auch Bildung können für ein und dieselbe Person gleichzeitig wichtige Gründe darstellen. Haushaltsarbeit und care work, auch als Au-pair, spielen eine wichtige Rolle. Der Einfluss und die Unterstützung von ausgedehnten transnationalen sozialen Netzwerke sind häufig die entscheidende Grundlage für die Migration von Frauen mit verschiedenen sozialen Hintergründen, auch aus privilegierten Schichten. Eigene Forschung hat gezeigt, dass Bildungsorientierungen diese Migrationsbewegungen auf vielfache Weise beeinflussen können. Für Familien stellen die hohen Kosten für hochwertige Bildung in Brasilien einen Grund dar, in Deutschland zu bleiben oder eben dorthin auszuwandern. Au-pair Aufenthalte und care work bieten jungen Frauen eine Gelegenheit, nach Deutschland zu kommen, um die Sprache zu lernen und um nach weiterführenden Bildungsmöglichkeiten zu suchen. Dies ist eine geschlechtsspezifische Strategie, da die Arbeit als Au-pair, in der Pflege und im Haushalt nach wie vor als weibliche Domäne betrachtet wird.
Arbeiten des Forscherteams in Brasilien haben die Bedeutung von geschlechtsspezifischen sozialen Netzwerken unter brasilianischen Migrantinnen herausgestellt. Diese Netzwerke stellen vielfältige soziale, aber auch ökonomische und emotionale Ressourcen zur Verfügung, die die Migration unterstützen.
Ziele
Eigene explorative Untersuchungen zu „Transnationalen Bildungslaufbahnen“ haben gezeigt, dass Bildungschancen eine wichtige Rolle bei den Migrationsentscheidungen junger Brasilianerinnen und Brasilianer in Deutschland spielten, die aus sozialen Verhältnissen weit unterhalb der Mittelschicht stammten. Die daran anschließende Studie untersucht das Wissen, die Vorstellungen und die Ideen, die in den transnationalen sozialen Netzwerken geteilt werden und derartige transnationale Bildungsorientierungen fördern. Ein weiterer Fokus liegt auf der Prävalenz dieser Bildungsorientierungen und den Strategien ihrer Umsetzung.
Insgesamt möchte die Studie beleuchten, wie unterprivilegierte Migrantinnen und Migranten (die bislang meist als „Arbeitsmigrant:innen“ untersucht wurden) zur Transnationalisierung im Bildungsbereich beitragen.
Das übergeordnete Ziel des Projekts besteht darin, die Bildungsstrategien von Familien in transnationalen sozialen Räumen zwischen Brasilien und Deutschland mit einem Fokus auf geschlechtsspezifische Unterschiede zu ermitteln. Die Studie stützt sich auf folgende Annahmen:
- Bildungsstrategien führen nicht nur zu Mobilität von Studierenden im transnationalen Bildungsmarkt, sondern beeinflussen auch Migrationsentscheidungen in unterprivilegierten Familien.
- Bildungsstrategien stützen sich auf geschlechtsspezifische transnationale soziale Netzwerke und Familiennetzwerke.
Beide Annahmen beruhen auf ethnografischen Studien, die Einblicke in die Bedeutung von Bildung für transnationale Familien (deutsche Arbeitsgruppe) sowie in die Qualität und den Einfluss geschlechtsspezifischer Netzwerke transnationaler Migrantinnen und Migranten (brasilianische Arbeitsgruppe) ermöglichen.
Methoden
Mittels einer quantitativen Fragebogenerhebung werden Bildungsstrategien und -orientierungen in transnationalen Familien zwischen Brasilien und Deutschland ermittelt. Gleichzeitig wird untersucht, wie diese Bildungsbestrebungen in transnationalen Räumen entstehen.
Die Kommunikation in transnationalen Netzwerken ereignet sich überwiegend über das Internet. Mittels digitaler Ethnografie wollen wir die Konzepte, Vorstellungen und Strategien über Bildung untersuchen, die in den digitalen Netzwerken geteilt werden und Migrationsentscheidungen beeinflussen.
Projektteam (Deutschland) - Universität Hamburg:
Projektteam (Brasilien) - Universidade do Estado de Santa Catarina (UDESC):
- Prof. Dr. Glaucia de Oliveira Assis
- Prof. Dr. Francisco Canella
- Prof. Dr. Silvia Arend
- Prof. Dr. Sueli Siqueira (Universidade Vale do Rio Doce)
- Dr. Magali Alloatti
Laufzeit:
1.1.2019 - 31.12.2021
Drittmittelgeber:
DAAD im Rahmen des Programms PPP (Programm des Projektbezogenen Personenaustauschs) und CAPES