Wirkungsweisen
Interviews mit Studierenden zu den Wirkungsweisen von Studieneinstiegsangeboten:
Wie trägt die Teilnahme an Studieneinstiegsangeboten zum gelingenden Studieren bei?
Während die Online-Befragung die Nutzung und Bewertung von Studieneinstiegsangeboten in der Breite beleuchtet, erlauben die parallel durchgeführten Interviews einen tiefergehenden Einblick in die Wirkungsweisen. Im Mittelpunkt stand hier die Frage, wie die Teilnahme an bestimmten Angebotstypen zum gelingenden Studieren beiträgt. Grundlage bilden 19 Interviews mit Studierenden, die im ersten Studienjahr an ausgewählten Studieneinstiegsangeboten der StuFHe-Partnerhochschulen teilgenommen haben.
Wirkungsweisen von Studieneinstiegsangeboten
Als Ergebnis ist zunächst festzuhalten, dass die Art der Eigeninitiative, die die Studierenden zur Teilnahme geführt hat und die ihre Form der Nutzung kennzeichnet, sehr unterschiedlich ausfällt. Wie die Studierenden von den Angeboten profitieren, hängt zudem von den Gestaltungsmerkmalen ab, d. h. von Inhalten, Methoden, Leitung und Organisation der Maßnahmen. Insgesamt ergeben sich aus den individuellen Nutzungsformen und der institutionellen Gestaltung bestimmte Wirkungsweisen von Studieneinstiegsangeboten, so dass ihr Beitrag zum gelingenden Studieren variieren kann.
Im Hinblick auf die Eigeninitiative, die in den Interviews zum Ausdruck kommt, bilden die proaktive und die reaktive Nutzungsform zwei Extrempole. Für den ersten Fall ist charakteristisch, dass Studierende selbständig nach Unterstützung und vielseitigen Anregungen suchen, die über den Umgang mit Studienanforderungen hinausgehen und das Verfolgen individueller Studienziele ermöglichen. Als Wirkungsweise zeigt sich hier, dass die genutzten Studieneinstiegsangebote zum „Sprungbrett“ werden können, indem sich Studierende mit ihrer Hilfe über Schwierigkeiten hinwegsetzen bzw. selbstbestimmt eigenen Zielsetzungen nachgehen.
Im Vergleich dazu bildet die reaktive Nutzungsform das andere Extrem, das sich durch eine verzögerteTeilnahme an Studieneinstiegsangeboten auszeichnet, die oft erst auf Anstoß von außen erfolgt, wenn sich kritische Studienanforderungen bereits verdichtet haben. In diesem Fall lässt sich die Wirkungsweise als „Rettungsring“ charakterisieren, der in einer Notlage kurzfristige Hilfe für die Bewältigung von Studienanforderungen bietet.
Die Mehrheit der befragten Studierenden bewegt sich allerdings zwischen diesen beiden Extremen, wobei sich eine aktive oder selektive Nutzungsform zeigt. Als aktiv lässt sich die frühzeitige Teilnahme an Angeboten einstufen, die mit dem Regelstudium verbunden und z. B. bereits im Studienplan vorgesehen sind. Für Studierende können sie als „Pufferzone“ wirken, die ihnen einen geschützten Raum und Anregungen für die kontinuierliche Auseinandersetzung mit Studienanforderungen bietet.
Die selektive Nutzungsform zeichnet sich schließlich dadurch aus, dass Studierende bestimmte Angebote sehr zielgerichtet auswählen, je nach ihrem selbst eingeschätzten Lernbedarf. Somit dienen sie den Studierenden als „Werkzeug“, um ausgewählte Kompetenzen für den Umgang mit Studienanforderungen zu erweitern.
Empfehlungen für die Praxis
Der in den Interviews gewonnene Einblick in die subjektiven Sichtweisen der Studierenden verdeutlicht das Zusammenwirken von individuellen Nutzungsformen und den Gestaltungsmerkmalen der Angebote. Der reaktiven Nutzung kommt es beispielsweise entgegen, wenn die Unterstützung zeitlich flexibel und kompakt angeboten wird. Dagegen erfordert die aktive Nutzung eher ein semesterbegleitendes und im Regelstudium verankertes Angebot. Im Fall der selektiven und proaktiven Nutzung ist wiederum von Bedeutung, dass eine Auswahl an Angeboten zur Verfügung steht, auf die die Studierenden je nach ihrem Lernbedarf bzw. ihren individuellen Zielen zurückgreifen können. Entsprechend gibt es zum einen gute Gründe, flexible, additive Unterstützung anzubieten, und zugleich für eine Integration von Angeboten in das Regelstudium zu sorgen. Zum anderen legen die Ergebnisse nahe, Angebote sowohl auf punktuelle Herausforderungen auszurichten als auch solche vorzusehen, die ein breiteres Spektrum von Studienanforderungen adressieren.
Für die Weiterentwicklung der Studieneingangsphase bedeuten diese Ergebnisse, dass sich die Gestaltung von Studieneinstiegsangeboten einerseits im Spannungsfeld zwischen additiven und curricular verankerten Angeboten bewegt. Die zweite zentrale Gestaltungsdimension betrifft andererseits die Frage, inwiefern die Angebote auf einzelne oder ein breiteres Spektrum multipler Studienanforderungen ausgerichtet sind. Um die Auswahl und Kombination von Studieneinstiegsangeboten schließlich nicht allein den Studierenden zu überlassen, erscheint es empfehlenswert, diese Gestaltungsdimensionen bei der Studiengangsentwicklung zu berücksichtigen, bestehende Einzelmaßnahmen verstärkt aufeinander abzustimmen und in ein Gesamtkonzept für die Studieneingangsphase zu integrieren.
Weiterführende Publikationen
Bosse, E., & Barnat, M. (2018): Kombination qualitativer und quantitativer Methoden zur Untersuchung der Studieneingangsphase. In T. Jenert, G. Reinmann & T. Schmohl (Hrsg.), Hochschulbildungsforschung. Theoretische, methodologische und methodische Denkanstöße für die Hochschuldidaktik (S. 169-184). Wiesbaden: Springer VS.
Bosse, E. (2018): Studienrelevante Heterogenität erkunden: Erhebung und Analyse von Critical Incidents. In N. Auferkorte-Michaelis & F. Linde (Hrsg.), Diversität lehren und lernen. Ein Hochschulbuch (S. 116-134). Leverkusen: Budrich.
Bosse, E. (2017): Entwicklung studienrelevanter Kompetenzen im Zusammenspiel mit Studieneinstiegsangeboten. In A. Hanft, F. Bischoff, & S. Kretschmer (Hrsg.), 1. Auswertungsworkshop der Begleitforschung. Dokumentation der Projektbeiträge (S. 41-50). Berlin: KoBF.
Barnat, M., Mergner, J., & Bosse, E. (2017): Forschungsbasierte Qualitätsentwicklung für die Studieneingangsphase. Zeitschrift für Hochschulentwicklung 12(3).