Befragung zum ersten Studienjahr (WS 2016/17): Ergebnisse & Empfehlungen
Was bedeutet gelingendes Studieren im ersten Studienjahr?
Mit dieser Frage hat das Projekt StuFHe die Befragung zum Studienstart fortgesetzt und im Wintersemester 2016/17 alle Drittsemester-Studierenden der StuFHe-Partnerhochschulen zur Teilnahme an der zweiten Online-Befragung eingeladen. Diesmal haben sich mehr als 1.300 Studierende beteiligt, wobei der Rücklauf insgesamt bei elf Prozent lag und über 400 Studierende an beiden Befragungen teilgenommen haben.
Im Mittelpunkt der Befragung standen die bisherigen Studienerfahrungen sowie die individuellen Ziele und Fähigkeiten der Studierenden. Hinzu kamen Fragen zu Angeboten für den Studieneinstieg, wie z. B. Orientierungseinheiten und Tutorien. Diese Angebote wurden zusätzlich mit Hilfe von Interviews untersucht, so dass die bisherige Datenauswertung einen Einblick in individuelle Studienziele und Herausforderungen in der Studieneingangsphase bietet sowie Auskunft über die Nutzung, Bewertung und Wirkungsweisen von Studieneinstiegsangeboten gibt. Zusammen mit den Ergebnissen der Befragung zum Studienstart lassen sich daraus erste Empfehlungen für die Gestaltung der Studieneingangsphase ableiten.
Individuelle Studienziele
Gelingendes Studieren bedeutet im Rahmen von StuFHe, mit Studienanforderungen umzugehen und individuelle Studienziele zu realisieren. Die Studienziele können dabei sehr vielfältig sein und für Studierende unterschiedliche Priorität haben. Beispielsweise ist für manche die Erfüllung formaler Ziele (z. B. das Studium in Regelstudienzeit abzuschließen) deutlich wichtiger als das Erreichen persönlicher Ziele (z. B. selbstbestimmtes Studieren), während andere gerade die persönlichen Ziele als besonders wichtig erachten.
Um dieser Vielfalt und den individuellen Prioritäten gerecht zu werden, war in der Online-Befragung zunächst anzugeben, ob bestimmte Studienziele überhaupt als wichtig erachtet werden. Im zweiten Schritt konnten die Studierenden ergänzen, wie zufrieden sie mit dem Erreichen der als relevant eingestuften Studienziele sind.
Die Ergebnisse zeigen zunächst, dass die persönlichen Studienziele im Mittel etwas häufiger als wichtig bewertet werden als die formalen. Dabei besteht eine hohe Zufriedenheit mit dem Erreichen individueller Studienziele, was sowohl für persönliche als auch für formale Ziele gilt. Im Einzelnen lassen die Mittelwerte erkennen, dass die Zufriedenheit mit den Zielen, sich persönlich weiterzuentwickeln und einen Studienabschluss vorweisen zu können, am höchsten ausfällt. Weniger zufrieden sind die Befragten mit dem Erreichen der folgenden Ziele: selbstbestimmt studieren, Methodenkompetenzen erwerben und sich auf die berufliche Zukunft vorbereiten. Dies legt nahe, dass Freiräume für eine eigenständige Studiengestaltung sowie Möglichkeiten zum Erlernen studienrelevanter Arbeitsweisen und nicht zuletzt auch eine frühzeitige Berufsorientierung wichtige Ansatzpunkte bilden können, um die Studienzufriedenheit in der Studieneingangsphase noch weiter zu fördern.
Herausforderungen in der Studieneingangsphase
Da neben dem Realisieren von Studienzielen auch der Umgang mit Studienanforderungen zum gelingenden Studieren gehört, wurden die Studierenden gefragt, wie schwer bzw. leicht sie bestimmte Herausforderungen im ersten Studienjahr erlebt haben. Aufbauend auf einer qualitativen Vorstudie lassen die Angaben vier Anforderungsdimensionen erkennen. Dazu gehören personale Anforderungen, d. h. Lernaktivitäten zu organisieren sowie mit Leistungsdruck und Misserfolg umzugehen. Hinzu kommen organisatorische Anforderungen, die sich aus den institutionellen Regelungen und Rahmenbedingungen des Studiums ergeben. An dritter Stelle stehen die inhaltlichen Anforderungen, zu denen gehört, sich auf den Wissenschaftsmodus einzustellen sowie Studienfachinteresse zu entwickeln und einen Anwendungsbezug der Studieninhalte zu entdecken. Schließlich zeigen sich in den Befragungsdaten auch soziale Anforderungen, die die Kontakte und die Kooperation unter Studierenden betreffen.
Ähnlich wie bei der Befragung zum Studienstart stufen die Befragten die Studienanforderungen auch rückblickend im Durchschnitt als eher wenig herausfordernd ein. Allerdings ergeben ihre Einschätzungen eine Rangfolge, nach der die personalen Anforderungen an erster Stelle stehen, da sie den Studierenden etwas schwerer erscheinen als organisatorische, inhaltliche und sozialen Anforderungen. Zudem legt eine genauere Analyse der Daten offen, dass sich die Befragten in drei Gruppen aufteilen: Neben einer Gruppe, deren Antworten die genannten durchschnittlichen Einschätzungen widerspiegeln, gibt es zwei weitere Gruppen, die alle Studienanforderungen als deutlich leichter bzw. deutlich schwerer wahrnehmen. Das bedeutet, dass ca. ein Viertel der Befragten das erste Studienjahr als Herausforderung erlebt. Besonders schwer fällt diesen Studierenden, ihre Lernaktivitäten zu organisieren sowie mit Leistungsdruck und Misserfolg umzugehen. Zugleich zeigt sich, dass sie das gesamte Spektrum an Anforderungen, die das erste Studienjahr mit sich bringt, tendenziell als herausfordernd erleben. Diese Studierenden geben zudem weniger oft an, mit dem Erreichen ihrer Studienziele zufrieden zu sein.
Da sich die Studienanforderungen aus dem Zusammenspiel von individuellen und institutionellen Bedingungen ergeben, wird an den Ergebnissen deutlich, dass gelingendes Studieren auch von Seiten der Hochschulen zu fördern ist. Um dieser Aufgabe nachzukommen, wurden im Zuge des Qualitätspakt Lehre vielfältige Angebote für den Studieneinstieg eingeführt, die auf unterschiedliche Weise Unterstützung für den Umgang mit Studienanforderungen bieten.
Nutzung und Bewertung von Studieneinstiegsangeboten
In Bezug auf die Angebote für den Studieneinstieg wurde in der Online-Befragung zum einen ermittelt, in welchem Umfang sie an den StuFHe-Partnerhochschulen genutzt werden. Zum anderen wurde erhoben, inwiefern sie als hilfreich im Hinblick auf einen gelingenden Studieneinstieg bewertet werden. Um die Studieneinstiegsangebote hochschulübergreifend erfassen zu können, diente eine Typologie als Basis, die zwischen neun Angebotstypen unterscheidet und dabei das jeweils fokussierte Spektrum an Studienanforderungen berücksichtigt. Maßnahmen wie Erstsemestertutorien und Mentoring werden beispielsweise als Angebote zur Begleitung im Studieneinstiegsprozess erfasst, die auf eine Förderung von Lern- und Selbstorganisation ausgerichtet sind, für den Aufbau sozialer Kontakte sorgen und den Umgang mit studienorganisatorischen Anforderungen unterstützen sollen. Die Online-Befragung nutzt diese zentralen Charakteristika der einzelnen Angebotstypen, ergänzt um Beispiele, die den hoch-schulspezifischen Besonderheiten der StuFHe-Partnerhochschulen Rechnung tragen:
Beispiele für Studieneinstiegsangebote an den StuFHe-Partnerhochschulen
Die Ergebnisse der Online-Befragung zeigen, dass die meisten Angebotstypen einem Großteil der Befragten bekannt sind, während ihre Nutzung eher unterschiedlich ausfällt. Besonders häufig werden Angebote zur Einführung in Hochschule und Studium genutzt, gefolgt von Angeboten zur Vermittlung von Fachwissen. Beide Angebotstypen werden von den Studierenden auch als besonders hilfreich eingestuft. Noch positiver bzw. fast so positiv fällt allerdings auch die Bewertung von Angeboten zur Anwendung von Studieninhalten sowie zur Begleitung im Studieneinstiegsprozess aus. Beide Angebotstypen werden an den StuFHe-Partnerhochschulen sehr unterschiedlich genutzt, was auch als Hinweis auf ihre unterschiedliche Verbreitung an den einzelnen Standorten gelten kann.
Insgesamt ist bei der Einordnung der Ergebnisse zu berücksichtigen, dass die Hochschulen ein jeweils eigenes Profil aufweisen, welche Angebote den Studierenden in welchem Umfang zur Verfügung stehen. Während dies für eine hochschulspezifische Interpretation der Ergebnisse spricht, ist hochschulübergreifend zu bemerken, dass es gewisse Diskrepanzen zwischen der Nutzung von Studieneinstiegsangeboten und der oben berichteten Wahrnehmung von Studienanforderungen zu geben scheint. Einerseits legen die Angaben zu den Herausforderungen in der Studieneingangsphase einen besonderen Bedarf an Unterstützung im Bereich der personalen Studienanforderungen nahe (z. B. Lernaktivitäten organisieren). Andererseits gehören die dazu passenden Maßnahmen, wie die zur Begleitung im Studieneinstiegsprozess oder zur Vermittlung von überfachlichen Kompetenzen und wissenschaftlichen Arbeitsweisen, eher nicht zu den besonders häufig genutzten Angeboten. Hier dominieren vielmehr traditionelle hochschuldidaktische Formate zur Einführung in Hochschule und Studium sowie zur Vermittlung von Fachwissen, die primär auf organisatorische und inhaltliche Anforderungen ausgerichtet sind. Eine Ausnahme bildet eine der StuFHe-Partnerhochschulen, an der die Begleitung im Studieneinstiegsprozess besonders häufig genutzt wird. Im Unterschied zu den anderen Hochschulen hat dieser Angebotstyp hier bereits eine deutlich längere Tradition und wurde nicht erst im Zuge des Qualitätspakt Lehre eingeführt.
Dieser Befund deutet darauf hin, dass für die Nutzung und Bewertung auch eine Rolle spielt, wie etabliert die untersuchten Studieneinstiegsangebote an den einzelnen Hochschulen sind. Darüber hinaus ist ihre Gestaltung relevant, wobei die Befragungsergebnisse zeigen, dass je nach Angebotstyp unterschiedliche Merkmale als besonders hilfreich eingeschätzt werden. Beispielsweise werden Angebote zur Vermittlung von Fachwissen dafür geschätzt, dass sie auf Studieninhalte abgestimmt sind, den Ausgleich von Wissenslücken ermöglichen und das Üben und Vertiefen von Studieninhalten umfassen. Dagegen findet im Fall von Angeboten zur Begleitung im Studieneinstiegsprozess vor allem Anklang, dass sie von fortgeschrittenen Studierenden geleitet werden und Raum für individuelle Fragen sowie für den Austausch mit anderen Studierenden bieten.
Diese Bewertungen können als Anhaltspunkte für die weitere Ausgestaltung von Studieneinstiegsangeboten dienen, zusammen mit den Kriterien, die den Studierenden bei der Entscheidung zur Teilnahme an Studieneinstiegsangeboten wichtig sind. Den Befragungsergebnissen zufolge rangiert hier an erster Stelle die zeitliche Vereinbarkeit mit dem Regelstudium, privaten Verpflichtungen und Interessen, gefolgt vom persönlichen Interesse sowie dem fachlichen Bezug zum Studium. Der letztgenannte Punkt hat gegenüber der Befragung zu Studienbeginn an Bedeutung gewonnen, genauso wie auch die Anerkennung von Studieneinstiegsangeboten als Studienleistung, die nach dem ersten Studienjahr von etwas mehr als der Hälfte der Befragten als wichtig erachtet wird.
Als Empfehlung lässt sich insgesamt ableiten, die Herausforderungen in der Studieneingangsphase hochschul- und studiengangsbezogen zu überprüfen, das Spektrum an Studieneinstiegsangeboten ggf. stärker darauf auszurichten und traditionelle hochschuldidaktische Formate weiter auszudifferenzieren, damit sie den vielfältigen Unterstützungsbedarfen und den individuellen Studienzielen entgegen kommen.
Wirkungsweisen von Studieneinstiegsangeboten
Während die Online-Befragung die Nutzung und Bewertung von Studieneinstiegsangeboten in der Breite beleuchtet, erlauben die parallel durchgeführten Interviews einen tiefergehenden, ganzheitlichen Einblick. Im Mittelpunkt der Datenauswertung stand hier die Frage, inwiefern die Teilnahme an bestimmten Angebotstypen zum gelingenden Studieren beiträgt. Grundlage bilden insgesamt 19 Interviews mit Studierenden, die im ersten Studienjahr an ausgewählten Studieneinstiegsangeboten der StuFHe-Partnerhochschulen teilgenommen haben.
Als Ergebnis ist zunächst festzuhalten, dass die Art der Eigeninitiative, die die Studierenden zur Teilnahme geführt hat und die ihre Form der Nutzung kennzeichnet, sehr unterschiedlich ausfällt. Wie die Studierenden die besuchten Angebote dann für sich nutzen, hängt zudem von den Gestaltungsmerkmalen ab, d. h. von Inhalten, Methoden, Leitung und Organisation der Maßnahmen. Insgesamt ergeben sich aus den individuellen Nutzungsformen und der institutionellen Gestaltung bestimmte Wirkungsweisen von Studieneinstiegsangeboten, so dass ihr Beitrag zum gelingenden Studieren variieren kann.
Im Hinblick auf die unterschiedliche Eigeninitiative, die in den Interviews zum Ausdruck kommt,bilden die proaktive und die reaktive Nutzungsform zwei Extrempole. Für den ersten Fall ist charakteristisch, dass Studierende selbständig nach Unterstützung und vielseitigen Anregungen suchen, die über den Umgang mit Studienanforderungen hinausgehen und das Verfolgen individueller Studienziele ermöglichen. Als Wirkungsweise zeigt sich hier, dass die genutzten Studieneinstiegsangebote zum „Sprungbrett“ werden können, indem sich Studierende mit ihrer Hilfe über Schwierigkeiten hinwegsetzen bzw. selbstbestimmt eigenen Zielsetzungen nachgehen.
Im Vergleich dazu bildet die reaktive Nutzungsform das andere Extrem, das sich durch eine verzögerte Teilnahme an Studieneinstiegsangeboten auszeichnet, die oft erst auf Anstoß von außen erfolgt, wenn sich kritische Studienanforderungen bereits verdichtet haben. In diesem Fall lässt sich die Wirkungsweise als „Rettungsring“ charakterisieren, der in einer Notlage kurzfristige Hilfe für die Bewältigung von Studienanforderungen bietet.
Die Mehrheit der befragten Studierenden bewegt sich allerdings zwischen diesen beiden Extremen, wobei sich eine aktive oder selektive Nutzungsform zeigt. Als aktiv lässt sich dabei die frühzeitige Teilnahme an Angeboten einstufen, die mit dem Regelstudium verbunden und z. B. bereits im Studienplan vorgesehen sind. Für Studierende können sie als „Pufferzone“ wirken, da sie ihnen einen geschützten Raum und Anregungen für die kontinuierliche Auseinandersetzung mit Studienanforderungen bieten.
Die selektive Nutzungsform zeichnet sich schließlich dadurch aus, dass Studierende bestimmte Angebote sehr zielgerichtet, je nach ihrem selbst eingeschätzten Lernbedarf auswählen. Somit dienen sie den Studierenden als „Werkzeug“, um ausgewählte Kompetenzen für den Umgang mit Studienanforderungen zu erweitern.
Der in den Interviews gewonnene Einblick ergänzt die Online-Befragung insofern, als die subjektiven Sichtweisen der Studierenden das Zusammenwirken von individuellen Nutzungsformen und den Gestaltungsmerkmalen der Angebote verdeutlichen. Während es der reaktiven Nutzung entgegenkommt, wenn die Unterstützung zeitlich flexibel und kompakt angeboten wird, um den verzögert realisierten Bedarf aufzufangen, erfordert die aktive Nutzung eher ein semesterbegleitendes und im Regelstudium verankertes Angebot. Im Fall der selektiven und proaktiven Nutzung ist wiederum von Bedeutung, dass eine Auswahl an Angeboten zur Verfügung steht, auf die die Studierenden je nach ihrem Lernbedarf bzw. ihren individuellen Zielen zurückgreifen können. Entsprechend gibt es zum einen gute Gründe, flexible, additive Unterstützung anzubieten, und zugleich für eine Integration von Angeboten in das Regelstudium zu sorgen. Zum anderen legen die Ergebnisse nahe, Angebote sowohl auf punktuelle Herausforderungen auszurichten als auch solche vorzusehen, die ein breiteres Spektrum von Studienanforderungen adressieren.
Für die Weiterentwicklung der Studieneingangsphase bedeuten diese Ergebnisse, dass sich die Gestaltung von Studieneinstiegsangeboten einerseits im Spannungsfeld zwischen additiven und integrativen Angeboten bewegt. Eine zweite zentrale Gestaltungsdimension betrifft andererseits die Frage, inwiefern die Angebote auf einzelne oder ein breiteres Spektrum multipler Studienanforderungen ausgerichtet sind. Um die Auswahl und Kombination von Studieneinstiegsangeboten schließlich nicht allein den Studierenden zu überlassen, erscheint es empfehlenswert, diese Gestaltungsdimensionen bei der Studiengangsentwicklung zu berücksichtigen, bestehende Einzelmaßnahmen verstärkt aufeinander abzustimmen und in ein Gesamtkonzept für die Studieneingangsphase zu integrieren.