DissertationZweisprachige polnisch-deutsche Kinder – Polnischkenntnisse im Spracherwerbskontext
27. April 2016, von Judith Keinath
Marta Kulik
Die polnischsprachigen Kinder und Jugendlichen zählen in Deutschland zu einer der größten Sprechergruppen von Minderheitensprachen. Trotz einer regen Dis-kussion über die Mehrsprachigkeit scheint das Polnische aber für die Wissenschaft und die (Bildungs-)Politik uninteressant zu sein. Das wachsende Interesse am Phänomen der Zweisprachigkeit, das in den Fokus von bildungspolitischen Debatten und Entscheidungen der frühen 2000er Jahre gerückt ist, war bzw. ist immer noch ziemlich einseitig: Die Zweisprachigkeit wird im Zusammenhang mit Migration pauschal vor allem für schulische Misserfolge einiger Sprechergruppen verantwortlich gemacht. Weil aber polnischsprachige Kinder und Jugendliche weder sprachlich noch schulisch besonders auffallen, ist das politische und gesellschaftliche Interesse an diesen Kindern wenig ausgeprägt. Auch die wissenschaftliche Aufmerksamkeit scheint nur langsam zu erwachen, zumindest wird die polnische Sprache in immer mehr Untersuchungen einbezogen. Allerdings fehlt hinsichtlich der polnisch-deutschen Zweisprachigkeit im Kindesalter nach wie vor eine Forschungsbasis, die als Ausgangspunkt für weitere Forschungsarrangements oder bildungspolitische Maßnahmen fungieren könnte.
Die hier angegangene Studie versteht sich deshalb als ein solcher Beitrag zur Grundlagenforschung hinsichtlich der polnisch-deutschen Zweisprachigkeit im Vor- und Grundschulalter. Damit soll die Forderung aufgegrif-fen werden, die Erforschung der kindlichen Zweisprachigkeit zu intensivieren und gleichzeitig gezielt und direkt die Erst- bzw. die Her-kunftssprachen zu untersuchen. Wenn Zweisprachigkeit nicht stark vereinfacht als Addition zweier Sprachen, sondern als sprachliche Vernetzung und (Inter-) Dependenz verstanden wird, darf der erstsprachliche Kontext weder in der Forschung noch in der bildungspolitischen Praxis ausgeblendet werden.
2016, ediss.sub.uni-hamburg.de/volltexte/2016/8208/pdf/Dissertation.pdf
Dissertation betreut von Ursula Neumann und Drorit Lengyel