Junge Forschung: Lernstrategien und Diversität - wie können Studierende voneinander profitieren?Dennis Lopatta im Gespräch
12. Januar 2024
Foto: privat
Wie genau hängen Diversität und Selbstregulation bei Lehramtsstudierenden zusammen? Und wie kann ihr gemeinsames Lernen möglichst gut angeregt und unterstützt werden, damit sie Erfahrungen mit Diversität machen und darüber Impulse zur Entwicklung ihrer Selbstregulation erhalten können? Zu diesen Fragen forscht Dennis Lopatta, Promotionsstipendiat der Hans-Böckler-Stiftung und Mitglied des Promovierenden-Rats der Hamburg Research Academy sowie Vorstandsmitglied des Bundesverband Promovierende e.V., und berichtet dazu im Gespräch mit Markus Friederici, Leiter der Graduiertenschule.
Zur Reihe „Junge Forschung“
Woran arbeiten eigentlich junge Erziehungswissenschaftler:innen? Und wo können sie aus ihrer Forschungsarbeit interessante Impulse für die Praxis einbringen? In einer neuen Reihe stellen wir junge Forschende aus unserer Fakultät und ihre Arbeit vor - und zwar im Interview mit unserem Leiter der Graduiertenschule, Dr. Markus Friederici.
Lieber Dennis, worum geht es in deiner Arbeit?
Ich stelle im Kern die Frage, inwiefern Lehramtsstudierende eine Selbstregulation beim Lernen voneinander lernen können und vor allem welche Rolle ihre Diversität bzw. deren Erfahrbarkeit dabei spielt. Dabei beschränke ich mich auf ausgewählte Dimensionen von Diversität, wie beispielsweise das Alter oder die Soziale Herkunft als demographische Dimensionen, kognitive Dimensionen wie Lernzugänge oder Denkweisen aber auch fachliche Diversität, die in erziehungswissenschaftlichen Seminaren im Lehramtsstudium ja auch gegeben sein kann.
Selbstregulation beim Lernen meint die Anwendung von Lernstrategien, wie beispielsweise das bekannte, aber kognitiv eher oberflächliche Auswendiglernen und dazu auf der Metaebene eine Überwachung und Kontrolle des eigenen Lernvorgangs im Sinne einer Selbstbeobachtung. Zusätzlich bezieht Selbstregulation auch die Möglichkeit der Regulation von persönlichen Einstellungen gegenüber dem Lerngegenstand oder auch emotionale Regulationskomponenten mit ein
Welche Ergebnisse hast du erhalten?
Da ich noch nicht fertig bin, kann ich die Frage nicht abschließend beantworten. Allerdings berichten die Studierenden, die an meiner Erhebung teilgenommen haben, in Interviews von verschiedenen Strategien, die sie von anderen adaptiert oder an andere weitergegeben haben und bringen dieses Vorgehen auch mit den benannten Dimensionen von Diversität in Verbindung. In unterschiedlichen Lernzugängen und Denkweisen sehen sie zum Beispiel eine Ursache für andere Vorgehensweisen bei der beispielsweise zeitlichen Planung des Lernens oder auch im Umgang mit Misserfolgen. Solchen Vorgehensweisen oder dem Umgang mit Misserfolgen durch andere Lernende attestieren sie dann einen positiven Einfluss auf ihr eigenes Lernen oder auch ihr emotionales Empfinden, weil sie besagte Strategien entweder für sich selbst adaptieren oder sozusagen direkt mitprofitieren können.
Ganz im Sinne von Diversität scheint es aber auch die Tendenz zu geben, nicht nur von Unterschieden, sondern auch von Gemeinsamkeiten zu profitieren. Die Studierenden sprechen dann zum Beispiel von einem ähnlichen „Rhythmus“ des Lernens. Und tatsächlich erklären sie teilweise auch, dass zu große Unterschiede im Lernverhalten ab einem gewissen Grad weniger profitabel, sondern eher hinderlich werden können.
Welche Relevanz haben deine Ergebnisse für konkrete Praxisfelder?
Ich hoffe, am Ende Antworten auf die Frage zu finden, wie Lehramtsstudierende in Hinsicht auf Selbstregulation gut mit- und voneinander lernen können und wie sie dabei unterstützt werden können. Da würde ich mir wünschen, dass meine Erkenntnisse in der Hochschullehre angewendet werden können und sich die Erfahrungen, die angehende Lehrkräfte machen, irgendwie auch in ihre spätere Arbeit in Schulen weitertragen können.
Gibt es eine Quintessenz deiner Arbeit?
Es zeichnet sich derzeit ab, dass es möglicherweise niedrigschwellige Anlässe für gemeinsames Lernen gibt, die als Einstieg für eine Adaption von Lernstrategien funktionieren können. Allerdings gibt es auch Gewohnheitseffekte, die überwunden werden müssen. Wenn man hier eine gewisse Offenheit für die Gestaltung der persönlichen Lernumgebung anregt, kann das vermutlich auch in Hinsicht auf gegenseitige Einflüsse bei der Entwicklung von Selbstregulation unterstützend wirken.
Da du ja Lehramt studiert hast: Was würde der Wissenschaftler Dennis dem Lehrer Dennis empfehlen?
Er würde ihm erst einmal allgemein empfehlen, sich ernsthaft mit der eigenen Professionalität auseinanderzusetzen und die Wissenschaft nach der praktischen Ausbildung nicht einfach Wissenschaft sein zu lassen, sondern auch diesbezüglich neugierig zu bleiben. Und dann würde er ihm empfehlen, bewusst und auf verschiedene Art und Weise die Selbstregulationsfähigkeit seiner Schülerinnen und Schüler zu fördern und ihnen eine möglichst offene, entdeckerische Geisteshaltung zu vermitteln.