Neues DFG-Projekt gestartetResonanz in der ErwachsenenbildungEin Forschungsprojekt untersucht, wie man Lehr-Lern-Situationen in der Weiterbildung mit dem Konzept „Resonanz“ besser verstehen kann
23. September 2020, von Bente Gießelmann
Foto: privat
Seit vielen Jahren wird der Begriff „Resonanz“ in soziologischen und zunehmend auch in bildungswissenschaftlichen Forschungen verwendet. Er soll beschreiben, was Menschen subjektiv erleben und erfahren als Beziehung zu anderen oder aber auch als fehlende Resonanz und damit Entfremdung. „Resonanz heißt nichts anderes als Berührt-sein“, so Dr. Jana Wienberg.
Sie erforscht seit einigen Jahren konkrete Lernsituationen in der Erwachsenen- und Weiterbildung mit dem Begriff der „Resonanz“. Im Bildungskontext bedeutet er beispielsweise eine Art Antwortbeziehung im Kursgeschehen zu erleben, also sich durch ein Thema oder auch durch eine entspannte Kursatmosphäre „angesprochen“ zu fühlen - dies passiert, wo starke eigene Wertungen berührt werden.
Aus der Befragung von Kursteilnehmenden hat Dr. Jana Wienberg ein Modell entwickelt, welches „Relationale Resonanzstrategien“ systematisch beschreibt. Diese Strategien sind Handlungsweisen, die die Befragten umsetzen, um Resonanz zu erleben. Sie beschreiben, was Kursteilnehmende zum Beispiel tun, wenn sich der Stoff unnahbar, unzugänglich oder unerreichbar vor ihnen auftut, um dennoch „am Ball zu bleiben“.
In einem neuen Forschungsprojekt, welches von der DFG gefördert wird und bis Mitte 2021 läuft, stehen nun Kursleitende, also Trainerinnen und Trainer, im Fokus. Kursleitende im erwachsenenpädagogischen Feld sind im Zuge der Digitalisierung mit veränderten Berufsanforderungen konfrontiert. Dr. Jana Wienberg und Alina Redmer (wissenschaftliche Mitarbeit) wollen herausfinden, wie Kursleitende das Lehren und Lernen erleben: Was passiert, wenn Lehrende keine Resonanz erfahren? Der Lernstoff ist seit 30 Jahren der gleiche, das Buch und die Arbeitsblätter ebenfalls. Die Kursleitenden erreichen die Gruppe nicht mehr richtig, bekommen keinen Zugang oder Rückmeldungen, und virtuelle Settings erhöhen die Distanz. Das kann frustrierend sein.
Das Forschungsprojekt betrachtet besonders die Bereiche Beschleunigung/Digitalisierung sowie die Leiblichkeit/Körperlichkeit – konkret im Weiterbildungskontext, aber auch breiter im Berufsleben. Wie erleben Kursleitende beispielsweise die Rückmeldung von Teilnehmenden in digitalen Settings, wie wird Distanz im e-learning erlebt und wie nehmen sie die Entwicklung des Berufsfeldes wahr? Wie gehen sie mit dem Fehlen von Resonanz um, und welche Strategien wenden sie an, um das Berührt-Sein und die Beziehung zu Inhalten und zu den Lernenden zu ermöglichen?
Mithilfe von Interviews sollen konkret erlebte Resonanz- und Entfremdungsmomente im Lehr-Lern-Geschehen aus Sicht der Lehrenden im Bereich der Erwachsenbildung/Weiterbildung identifiziert und deren (strategischen) Umgang rekonstruiert werden. Darüber hinaus wollen die Forscherinnen das Konzept der Resonanz für die Erwachsenenbildung/Weiterbildung fruchtbar machen und weitere Anschlüsse für Theorie und Empirie herausarbeiten. Jana Wienberg erklärt: „Wir schreiben anschließend kein Resonanz-Handbuch, aber unsere Forschung ist ein Beitrag zur Professionalisierung. Wir stellen Kursleitenden mit unserer Forschung Wissen und ein Werkzeug für die Selbstreflexion zur Verfügung, wie man auf die eigenen Erfahrungen blicken und was man als Trainerin oder Trainer machen kann.“
Eine ausführliche Projektbeschreibung sowie weitere Informationen zum Arbeitsbereich Erwachsenenbildung/Lebenslanges Lernen finden Sie hier.