Zusammenfassung des Podcast Bildungsschnack, Folge 09 im September 2022: Dies ist eine schriftliche Zusammenfassung des Gespräches und darf ausschließlich nach Abstimmung mit der Urheberin (Fakultät für Erziehungswissenschaft, UHH) weiterverwendet werden.
Bildungsschnack: Wie kann KI helfen, besseren Unterricht zu planen?
EDDA – Elektronisch didaktische Assistenz (in der Berufsschuldidaktik)
Schlagworte: Künstliche Intelligenz, didaktische Assistenz, Berufliche Bildung
Moderation: Dr. Katrin Steinvoord
Intro
Herzlich Willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcast Bildungsschnack. Wie jeden Monat wollen wir auch heute ein spannendes Forschungsprojekt aus der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg unter die Lupe nehmen.
In der neuesten Folge habe Prof. Dr. Florian Berding zu Gast (sinngemäße Zusammenfassung des Gesprächs):
Herr Prof. Berding stellt in dieser Folge des Podcast das Projekt EDDA (Elektronisch didaktische Assistenz) vor und erklärt, welche Forschung sich hieran anschließt.
Wer oder was ist EDDA?
Hinter EDDA verbirgt sich eine Software, die die Aufgabe hat, Unterrichtsentwürfe/Unterrichtsplanungen zu analysieren. Referendare, Studierende, angehende Lehrer (aber auch bereits unterrichtende Lehrkräfte) sollen dabei unterstützt werden, hochwertigen Unterricht zu gestalten. Bei der Unterrichtsgestaltung gibt es viel Forschung und daraus resultierende Kriterien, die zu beachten sind. Bei der Einhaltung dieser Kriterien soll EDDA unterstützen. Die Software führt hierfür eine Inhaltsanalyse der hochgeladenen Unterrichtsentwürfe durch und gibt hierzu anschließend eine Rückmeldung. Dabei geht es nicht primär darum den Unterrichtsentwurf zu bewerten, sondern es soll zu einem kritischen Nachdenken und Reflektieren anregen um so das Handeln im Unterricht besser vorzubereiten.
EDDA erscheint für die Nutzenden als Homepage, auf der der Unterrichtsentwurf (inkl. Arbeitsblätter, Aufgaben, etc.) hochgeladen werden kann. Anschließend beginnt EDDA, also die künstliche Intelligenz (KI) im Hintergrund den Unterrichtsentwurf zu analysieren. Die Programmierer:innen haben EDDA mit Open Source Codes (für jeden zugänglich) des Statistikprogramms R entwickelt. Hiermit entsteht die Möglichkeit, maschinelles Lernen und auch statistische Analysen in eine Homepage zu integrieren. EDDA läuft auf Servern in Hamburg und wird, nach Fertigstellung und Onlineschaltung Ende Oktober, ebenfalls für jeden zugänglich sein.
Die KI kann zum einen den geschriebenen Unterrichtsentwurf mit dem ebenfalls hochgeladenen Unterrichtsmaterial vergleichen, um dann eine Rückmeldung darüber zu geben, ob dies stimmig ist. Beispielsweise möchte man einen problemorientierten Unterricht planen, hat aber in den Arbeitsblättern nur geschlossene Aufgaben gestellt. Diesen Unterschied zwischen Planungsintention und Unterrichtsentwurf kann EDDA erkennen und zurückmelden. Zum anderen kann die KI grafische Rückmeldungen zu den verschiedenen Kategorien guten Unterrichts geben. Anschließend werden Leitfragen oder best-practice-Beispiele angeboten, um den Unterrichtsentwurf zu verbessern.
EDDA ist ein Kooperationsprojekt der Wirtschaftspädagogiken der Universität Oldenburg, der Universität Graz und der Universität Hamburg. Ein wirklich aufwendiger Teil der Erstellung von EDDA ist das trainieren der künstlichen Intelligenz. In der ersten Version sollen 600 Unterrichtsentwürfe eingearbeitet und analysiert sein, sodass die KI fit ist für die Erstellung des Feedbacks. Jeder dieser 600 Unterrichtsentwürfe muss auf ca. 60 Kategorien geprüft werden, daher ist der personelle Aufwand in der Anfangsphase nun so hoch. Damit die Codierer auch ein ähnliches Verständnis der Kategorien haben, müssen sie außerdem noch geschult werden. Dies bildet dann die Basis für das Training der KI.
Maschinelles Lernen
Die Form des maschinellen Lernens von EDDA nennt man überwachtes maschinelles Lernen. Dabei werden der KI alle Daten zu Verfügung gestellt: Hier die Unterrichtsentwürfe und die menschliche Meinung dazu, welche Qualität die Unterrichtsentwürfe jeweils haben (Rating der Kategorien). Aus diesen Daten lernt die KI, wie sie am besten die zukünftig hochgeladenen Unterrichtsentwürfe bewerten kann. Herr Prof. Berding sieht in der Zukunft das Potenzial, auch selbstverstärkendes Lernen bei EDDA einsetzen zu können. Bei dieser Form könnte EDDA in der Zukunft auch aus den hochgeladenen Unterrichtsentwürfen selbst lernen und weiter wachsen. Er ist sich allerdings auch sicher, dass uns die künstliche Intelligenz auch in Zukunft NICHT das Planen von Unterricht abnehmen wird. Sie sollte vielmehr als Unterstützung gesehen werden. Speziell im Bereich Unterricht/Schule bergen die Datenschutzrichtlinien auch gewisse (richtige) Hürden. Bis also genügend Daten vorliegen, um EDDA selbst lernen lassen zu können, wird es daher noch einige Zeit dauern. Da der Unterrichtsentwurf für die KI lediglich eine lange Reihe von aneinandergereihten Worten ist, die nach der Analyse nicht mehr gebraucht werden, sind die Datenschutzrechtlichen Anforderungen mehr als erfüllt. Von den Nutzenden werden keinerlei Ergebnisse gespeichert.
EDDA ist zunächst einmal für die Berufliche Bildung konzipiert, daher ist die unmittelbare Übertragbarkeit in andere Felder an manchen Stellen begrenzt. Beispielsweise was das Thema Nachhaltigkeit betrifft, ist dies in den Rahmenlehrplänen der beruflichen Bildung vorgegeben, in vielen anderen Unterrichtsfächern v. a. der anderen Schulformen ist dies nicht der Fall. EDDA ist jedoch an den Stellen problemlos übertragbar, wo es um die Kategorien/Kriterien guten Unterrichts geht. Hier könnte auch ein Unterrichtsentwurf aus beispielsweise der Kunstpädagogik mit den gleichen/ähnlichen Analysen bewertet werden.
Forschungsstränge
In diesem Projekt sieht Herr Prof. Berding derzeit drei verschiedene Forschungsstränge:
1. Die Entwicklung der Software: Wo sind Möglichkeiten und Grenzen von künstlicher Intelligenz, hier v.a. im Bildungssektor. Es stehen oft nur kleine Datensätze zur Verfügung und die angelegten Kriterien sind nicht immer ganz eindeutig. Die Grundlagenforschung hierzu muss im Vorfeld das Feld abstecken.
2. Zusammenarbeit zwischen KI und Mensch: Wie muss, beispielsweise, die Zusammenarbeit von künstlicher Intelligenz und dem Lerner gestaltet sein, damit der Lernprozess unterstützt wird. KI kann hier ganz grundlegenden pädagogische Merkmale aufgreifen und letztlich hoffentlich sogar besser realisiert werden, durch das Feedback der KI. Die Forschung soll mit Kontrollgruppenstudien zeigen, welcher Unterricht mehr Lernerfolg bei den Schüler:innen hervorbringt: Traditionell geplanter Unterricht oder Unterricht, der mit dem von der KI analysierten Unterrichtsplanungen durchgeführt wurde.
Es werden des Weiteren auch Eyetracking-Studien durchgeführt, um sehr detailliert darlegen zu können, wie der Mensch mit einer KI arbeitet. Hierdurch können beispielsweise Leitlinien entwickelt werden, die die Anwendung in der breiten Masse gelingen lassen.
3. Die trainierte KI soll zur Verfügung gestellt werden. Denn, EDDA macht prinzipiell eine Inhaltsanalyse, wie sie bei einer Vielzahl von qualitativer Forschung zu Datengewinnung durchgeführt wird. Die entstehende Software kann also für Lernmaterialanwendungssituationen genutzt werden, aber auch in ganz klassischen Forschungskontexten.
Für Herrn Prof. Berding liegt die persönliche Motivation zur Forschung in diesem Projekt stark in der Verknüpfung von Wissenschaft und Praxis. Die Unterrichtsentwürfe, welche sehr nah an der Unterrichtspraxis sind, auf der einen Seite und ganz viele verschiedene Forschungsergebnisse aus verschiedenen Forschungsdisziplinen die berücksichtigt werden müssen, auf der anderen Seite. Die KI kann nun dabei helfen, eine Schnittstelle zwischen diesen beiden Bereichen herzustellen.
Stolpersteine und Herausforderungen
Eine große Herausforderung, die in diesem Projekt gemeistert werden muss, in die hohe Personalintensität, die hier benötigt wird. Die KI muss zunächst mit den Daten gespeist und trainiert werden und da immer ein Mensch diese Unterrichtsentwürfe bewerten muss, arbeiten derzeit sehr viele Personen daran, EDDA fit zu machen. Die Weiterentwicklung zu einem selbstlernenden System würde hier viel Erleichterung schaffen.
Eine weitere Herausforderung ist der Umgang mit künstlicher Intelligenz in der Praxis. Fragen, die sich die Nutzenden stellen, sind dabei „Sind das objektive Ergebnisse?“, „Kann ich den Ergebnissen trauen?“. Hier wird auch von „KI-literacy“ gesprochen, also der Fähigkeit, mit KI umzugehen. Ein Ziel ist es demnach, die Fähigkeit zum Umgang mit KI auch bei Lehrkräften zu stärken. Das Vertrauen zu KI muss hier noch weiter aufgebaut werden. Von Algorithmen erwarten viele Nutzende, dass sie sehr präzise Ergebnisse liefern, zum Teil bessere, als der Mensch. Da steht v. a. die Frage im Raum, wie präzise muss die Antwort bzw. das Feedback sein, damit es einem in der Praxis nützt.
Herr Prof. Berding plädiert dafür, „KI als eine weitere begründete Meinung anzusehen, mit der man sich kritisch auseinandersetzen kann, um daran zu wachsen“ und besseren Unterricht zu gestalten.
Outro
Dies war eine Folge vom Bildungsschnack. Jeden Monat wird hier ein Forschungsprojekt der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg vorgestellt – wenn Sie wissen wollen, zu welchen Themen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an unserer Fakultät forschen, wie genau sie das eigentlich machen und welche Relevanz das für Bildung und Gesellschaft hat, dann abonnieren Sie uns bei Spotify oder iTunes oder besuchen uns auf der Seite des Bildungsschnacks.