„Willkommen an Bord“Warum die Geschichte des Musikunterrichts für heute wichtig istBenjamin Eibach verstärkt die Erziehungswissenschaft
26. Februar 2025

Foto: Foto Loos, Siegen
Prof. Dr. Benjamin Eibach ist von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main nach Hamburg gekommen und wird ab März 2025 eine Professur an der Fakultät für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt „Didaktik des Faches Musik“ antreten. Im Interview erzählt er, warum ihn insbesondere die Geschichte des Musikunterrichts interessiert, auf welche Exkursionen Studierende hoffen können und welche internationalen Kooperationen er weiter pflegen möchte.
Ihr Weg als Wissenschaftler in fünf Sätzen?
Mein Weg in die Wissenschaft führte über den Musik-Flur der Universität Siegen: Kurz nachdem ich meine Staatsarbeit geschrieben hatte, unterbreitete mir Prof. Dr. Maria Luise Schulten ebendort das Angebot, im Fach Musikpädagogik zu promovieren. Im Anschluss an das Referendariat konnte ich dann eine halbe Stelle als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei ihr antreten und war parallel dazu als Lehrer für Musik und Deutsch an einem Gymnasium in kirchlicher Trägerschaft tätig. Nach Abschluss der Promotion durfte ich sechs erfüllte Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Alexander J. Cvetko an der Universität Bremen verbringen, in denen ich Gelegenheit erhielt, weiter zu forschen und mich mit einer Arbeit über die Geschichte des Instrumentalspiels im schulischen Kontext zu habilitieren. Im Wintersemester 2024/2025 war ich als Professor für Musikpädagogik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main tätig, bevor es mich nun wieder zurück in den Norden, an die Universität Hamburg, gezogen hat.
Wie beschreiben Sie Ihr Forschungsgebiet in wenigen Sätzen?
Zentraler Gegenstand der Musikpädagogik sind die Zusammenhänge, die im Rahmen von Aneignungs- und Vermittlungsprozessen zwischen Menschen und Musik bestehen. Die Musikdidaktik befasst sich dabei insbesondere mit Fragen, die Musik-Lernen, Musik-Lehren und Musikunterricht betreffen. Hierbei ergeben sich Bezüge zu vielen anderen Forschungsgebieten, etwa zur Musikwissenschaft, zur Psychologie, zur Philosophie, zur Allgemeinen Erziehungswissenschaft sowie zu den übrigen Fachdidaktiken, gerade im Bereich der ästhetischen Fächer. Diese interdisziplinären Anknüpfungsmöglichkeiten machen die Arbeit für mich überaus spannend, denn sie eröffnen mir immer wieder neue Perspektiven, durch die sich ein frischer Blick auf das eigene Forschungsgebiet gewinnen lässt.
Wie erklären Sie Ihre Forschung ganz einfach verständlich?
Ich befasse mich aktuell sehr intensiv mit der Geschichte des Musikunterrichts. Dabei interessiere ich mich sowohl für das Geschehen in den Schulstuben und Musiksälen vergangener Zeiten als auch für die musikpädagogischen Diskussionen, die dieses Geschehen damals begleitet haben. Dazu gilt es zunächst, Quellen ausfindig zu machen, aus denen sich dann anschließend Erkenntnisse über die Vergangenheit gewinnen lassen. Relevante Quellen sind beispielsweise Notenmaterial, das zum Musizieren in Schulen genutzt wurde, alte Liederbücher, aus denen man mit Kindern und Jugendlichen gesungen hat, oder musikpädagogische Fachzeitschriften, wie sie seit Beginn des 19. Jahrhunderts herausgegeben wurden. Mit anderen Worten: Vieles, was in den Augen der meisten Menschen wohl lediglich Altpapier ist, bildet für mich eine wichtige Grundlage der Forschung.
Welche Methoden verwenden Sie?
Bei meiner Forschung geht es mir nicht allein darum, bloß herauszufinden „wie es einst gewesen“, wie der preußische Staatshistoriker Leopold von Ranke seine Tätigkeit einmal charakterisiert hat. Vielmehr verfolge ich auch strukturgeschichtliche Ansätze. Spannend ist es, wenn dabei im Rückblick strukturelle Parallelen zwischen heutigen und vergangenen Phänomenen oder pädagogischen Positionierungen zutage treten. Dann kann der Blick in die Geschichte des Lehrens und Lernens von Musik dabei helfen, den Status quo kritisch zu reflektieren und Handlungsoptionen angesichts aktueller Herausforderungen auszuloten.
Zu welchen aktuellen gesellschaftlichen Themen oder Herausforderungen möchten Sie Ihre wissenschaftliche Expertise beitragen (und wie)?
Der Beruf der Lehrkraft ist gesellschaftlich hoch relevant. Gut qualifizierte und gleichermaßen begeisterte wie begeisternde Musiklehrkräfte sind essentiell, um Kindern und Jugendlichen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen und sie zu einem reflektierten Umgang mit Musik in ihren unterschiedlichen Ausprägungen zu befähigen. Mit meiner Arbeit an der Universität Hamburg möchte ich dazu beitragen, die Studierenden auf diese Aufgaben vorzubereiten.
Worauf dürfen Studierende sich freuen oder gespannt sein?
Im Rahmen meiner Seminare beziehe ich sehr gerne Orte außerhalb der Universität ein – etwa Konzerthäuser, Theater oder Museen. Im Idealfall machen die Studierenden dort Erfahrungen, die sie bereichern, inspirieren oder mitunter vielleicht auch irritieren. Ich hoffe, auf diese Weise einen Enthusiasmus für Musik und für Kunst insgesamt entfachen und weiter schüren zu können, mit dem die angehenden Lehrkräfte in ihrem künftigen Beruf dann auch ihre Schülerinnen und Schüler anstecken.
Was wollen Sie an der Universität Hamburg oder von der UHH ausgehend bewirken, bspw. in Bezug auf Lehre, Transfer, Nachhaltigkeit etc.?
Das „Hamburger-Modell“ bietet meines Erachtens sehr gute Voraussetzungen, um eine vielschichtige Musiklehrkräftebildung zu realisieren: Durch die Nähe zu den anderen Fachdidaktiken an der Universität können sich Möglichkeiten ergeben, interdisziplinär zu arbeiten. Gleichzeitig schafft die Kooperation mit der Hochschule für Musik und Theater ein Umfeld, das auf die Studierenden insbesondere im musikalisch-künstlerischen Bereich sicherlich überaus anregend wirken kann. Ich möchte dabei mitwirken, das Potential, welches diese besondere Konstellation birgt, bestmöglich für die Musiklehrkräftebildung zu nutzen.
Wie sieht Ihre internationale Zusammenarbeit aus, mit welchen Universitäten oder Institutionen arbeiten Sie zusammen?
In der Vergangenheit habe ich gemeinsame Lehrveranstaltungen mit einem Kollegen der School of Music, Theatre and Dance der University of Michigan realisiert. Diese Kooperation möchte ich gerne weiter pflegen und ausbauen. Außerdem hatte ich im vergangenen Jahr durch private Kontakte die Möglichkeit, einige Schulen in Tansania kennenzulernen. Inwieweit sich hier Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit ergeben können, prüfe ich gerade.
Worauf freuen Sie sich in Hamburg?
Als musikbegeisterter Mensch freue ich mich natürlich darauf, in das reichhaltige kulturelle Leben der Stadt eintauchen zu können. Sehr gespannt bin ich auch auf das Kennenlernen der neuen Kolleginnen und Kollegen und den Austausch mit ihnen. Prima finde ich, dass man sich hier in Hamburg bei einer Begegnung keine Gedanken darüber machen muss, welche Tages- oder Nachtzeit es gerade ist, denn ein „Moin!“ passt ja immer.