Nachruf auf Prof. Dr. Angelika C. Wagner
13. Juli 2023
Foto: UHH/EW
Die Fakultät für Erziehungswissenschaft trauert um Frau Prof. Angelika C. Wagner, Ph.D. (em.), die am 9.7.2023 verstorben ist. Frau Prof. Wagner bekleidete von 1985 bis zu ihrer Emeritierung 2009 die Professur für Erziehungswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Pädagogischen Psychologie. In Forschung, Lehre und Ehrenamt war sie außergewöhnlich aktiv und hat viele Menschen erreicht, die ihr ein ehrendes Andenken bewahren werden.
Frau Wagner legte 1967 das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Volks- und Realschulen an der Universität Hamburg ab und widmet sich anschließend dem Studium der Psychologie an der Southern Illinois University Carbondale, Ill., sowie der University of Michigan, Ann Arbor, wo sie im Jahr 1971 bei Prof. Dr. Ronald Lippitt eine Promotion in den Fächern Psychologie und Pädagogik mit einer experimentellen Arbeit zum Thema „Changing teaching behavior" abschloss. Ab 1971 war sie an der Hochschule Reutlingen tätig, zunächst als Dozentin, ab 1974 als Professorin. Nach ihrem Wechsel an die Universität Hamburg gehörte sie dem Institut für Schulpädagogik im Fachbereich Erziehungswissenschaft an. Neben zahlreichen anderen Tätigkeiten in der akademischen Selbstverwaltung wirkte sie von 1988 bis 1990 als Vizepräsidentin der Universität Hamburg.
Unter ihren vielfältigen Forschungen und Aktivitäten waren ihr zwei besonders wichtig: Die Entwicklung der Introvision als Methode der mentalen Selbstregulation sowie ihr Engagement für die Gleichberechtigung und das berufliche Fortkommen von Frauen.
Ihre umfangreichen Forschungen zur Entstehung und Auflösung von mentalen Blockaden und zur Entwicklung von Gelassenheit begann sie an der PH Reutlingen und führte diese mit großem Engagement an der Universität Hamburg fort. Mittels zahlreicher Studien konnte Angelika C. Wagner die Introvision, eine theoretische Grundlegung der Entstehung innerer Konflikte und die Methode deren Auflösung, das Konstatierende Aufmerksame Wahrnehmen, entwickeln. Diese Aktivitäten mündeten in der Gründung der Forschungsgruppe Introvision ebenso wie in der Gründung des Bundesverbandes Introvision. Angelika C. Wagner leistete damit nicht nur einen Beitrag zum akademischen Erkenntnisgewinn im Hinblick auf innere Konflikte und ihre Genese, sondern ebenso einen erfolgreichen Beitrag zum Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die pädagogisch-psychologische Praxis. Die Introvision wird in vielen Bereichen erfolgreich eingesetzt: allgemein zur Optimierung der Handlungskompetenz, zur Selbstanwendung in Beratung und Coaching, zur Entwicklung pädagogischer Professionalität, zur dauerhaften Auflösung physiologischer Verspannungen oder auch zum Abbau von Schreibblockaden oder Prüfungsangst. Mit ihrer Beteiligung an einem umfangreichen Projekt zum Abbau von inneren Blockaden und zur Entwicklung von Aufstiegskompetenz von Frauen konnte sie ihre beiden bedeutsamsten Forschungsfelder, die Genderforschung und die Erforschung mentaler Konflikte, zusammenführen.
Im Jahr 1989 gründete Frau Wagner an der Universität Hamburg das Expertinnen-Beratungsnetz/Mentoring, mit dem Ziel, junge Frauen beim Berufseinstieg und während ihrer beruflichen Laufbahn durch individuelle Beratung und Mentoring von beruflich hochqualifizierten Expertinnen zu begleiten, nicht zuletzt, um Perspektiven auf Führungspositionen zu eröffnen. Das Expertinnen-Beratungsnetz/Mentoring wirkte als Vorbild für zahlreiche ähnliche Aktivitäten in Hamburg und an anderen Hochschulstandorten. Für ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement für das berufliche und persönliche Fortkommen von Frauen wurde sie mit der Medaille für treue Arbeit des Hamburgischen Senats geehrt. Im Jahr 2015 wurde ihr zudem das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.
Die Fakultät für Erziehungswissenschaft verliert mit Frau Prof. Angelika Wagner eine produktive Forscherin, eine inspirierende akademische Lehrerin und eine geschätzte Kollegin, der wir mit Dankbarkeit gedenken.
Prof. Dr. Marianne Nolte
Prof. Dr. Telse Iwers
Prof. Dr. Eva Arnold
Dekanin der Fakultät für Erziehungswissenschaft