Die Fakultät für Erziehungswissenschaft trauert um Prof. Dr. Friedrich Koch
21. Juni 2023
Foto: UHH/EW
Friedrich Koch, geboren am 19.02.1936 in Göttingen, ist am 1. Juni 2023 im Alter von 87 Jahren gestorben. Er war einer der Pioniere einer gesellschaftskritisch emanzipatorischen Sexualpädagogik im Gefolge der 68er-Bewegung. 1970-1978 war er zunächst als Wissenschaftlicher Rat am Fachbereich Erziehungswissenschaft und von 1979 bis zu seiner Entpflichtung im Jahre 2001 sodann als Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft und Sexualpädagogik am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg tätig, dessen Direktor er von 1989 bis 1991 auch war.
Nach dem Studium der Schauspielklasse in der Staatlichen Hochschule für Musik in Hamburg, die er 1957 abschloss, war er fünf Jahre als Schauspieler tätig, absolvierte in Oldenburg die Staatsexamina für das Lehramt an Volksschulen und promovierte 1970 zum Dr. phil. Danach arbeitete er zuerst als Wissenschaftlicher Assistent an der Pädagogischen Hochschule Lüneburg.
In seiner 1971 erschienenen Dissertation analysierte Friedrich Koch katholische, evangelische und überkonfessionelle Aufklärungsschriften im Hinblick auf ihre Vorstellungen über Sexualerziehung. Daraus entwickelte er in den Folgejahren sein Konzept einer emanzipatorischen Sexualpädagogik, und zwar mit speziellem Augenmerk auf die dafür hinderlichen bzw. förderlichen gesellschaftlichen Bedingungen und die jeweiligen politischen Rahmungen. Auf besonderes Interesse stießen seine Lehrveranstaltungen über Reformpädagogik sowie über Sexualität in Literatur und Film, die stets auch historisch informiert und mit eigenen Forschungsergebnissen unterlegt waren. Dass Friedrich Kochs Forschungsinteresse nicht zuletzt der Literatur der Aufklärung galt, zeigt unter anderem sein 1992 erschienenes Buch Christian Fürchtegott Gellert. Poet und Pädagoge der Aufklärung.
Zu seinen wichtigsten Publikationen zählen Sexuelle Denunziation. Die Sexualität in der politischen Auseinandersetzung, eine Schrift, die er Hans Jochen Gamm widmete (1986, 2., erweiterte und aktualisierte Neuauflage 1995), ferner Sexualität, Erziehung und Gesellschaft. Von der geschlechtlichen Unterweisung zur emanzipatorischen Sexualpädagogik (2000) sowie Sexualität und Erziehung. Zwischen Tabu, repressiver Entsublimierung und Emanzipation (Jahrbuch für Pädagogik 2008). 1985 bis 2000 war Friedrich Koch außerdem Redakteur von Westermanns Pädagogischen Beiträgen bzw. des daraus hervorgegangenen praxisnahen Periodikums Pädagogik.
Auch nach seinem Übergang in den Ruhestand war Fritz Koch noch viele Jahre an unserer Fakultät aktiv, etwa als interessierter Zuhörer in Ringvorlesungen und nicht zuletzt mit seinem Beitrag „Von der ‚sexuellen Revolution‘ zu den Richtlinien für die Sexualerziehung an Hamburger Schulen“ (2018) im Rahmen der Ringvorlesung Bildung, Erziehung und Gesellschaft '1968' – Rückblick und Ausblick. Der Beitrag ist nachzuhören und nachzusehen in der Medienplattform der Universität Hamburg (lecture2go.uni-hamburg.de/l2go/-/get/v/23749).
Fritz Koch war ein liebenswerter und kluger Kollege, wir werden ihn in freundschaftlicher Erinnerung behalten. Die Fakultät wird dem inspirierenden Wissenschaftler, beliebten akademischen Lehrer und hochgeschätzen Kollegen ein ehrendes Andenken bewahren.
Prof. Dr. Ingrid Lohmann, Fachbereich 1
Prof. Dr. Eva Arnold, Dekanin der Fakultät EW