Professur für Biologiedidaktik besetztBiologie diskutierenJulia Schwanewedel im Gespräch
27. Oktober 2020, von Bente Gießelmann
Foto: privat
Die Fakultät darf Julia Schwanewedel als neue Professorin begrüßen. Seit Oktober hat sie eine Professur für Biologiedidaktik inne. Im Gespräch erzählt Julia Schwanewedel von ihrem bisherigen Werdegang, ihrer Forschung zum Lehren und Lernen der Biologie in der Schule und den Verbindungen der Biologiedidaktik in andere Disziplinen.
Ihr Weg als Wissenschaftlerin in fünf Sätzen?
Ich habe an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg Biologie und Englisch auf Lehramt studiert, danach den Vorbereitungsdienst im Landkreis Cuxhaven absolviert und an einer Oberschule unterrichtet. Anschließend habe ich als Stipendiatin in der Biologiedidaktik und im Graduiertenkolleg „Didaktische Rekonstruktion“ zu den Vorstellungen von Schülerinnen und Schülern sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu Gesundheit und Krankheit im Kontext von Genetik und Gesellschaft promoviert. Als Postdoc an der Universität Kassel habe ich in einem Projekt zur Evaluation der Bildungsstandards im Fach Biologie schwerpunktmäßig zu den Kompetenzbereichen Kommunikation und Bewertung gearbeitet. Diese Arbeiten sind von mir im Rahmen einer Juniorprofessur für Biologiedidaktik am Leibniz Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik (IPN) in Kiel weitergeführt worden. In den letzten drei Jahren war ich Professorin für die Didaktik des Sachunterrichts mit dem Schwerpunkt naturwissenschaftliches Lernen an der Humboldt-Universität zu Berlin.
An welchen Forschungsthemen arbeiten Sie derzeit?
Wie können junge Menschen dazu befähigt werden, sich selbstständig biologisches Wissen anzueignen, sich dabei biologische Sachverhalte aus unterschiedlichen Quellen zu erschließen und kritisch anzueignen? Wie kann es ihnen darüber hinaus gelingen, in Bezug auf kontroverse biologisch-ethische Themen wie z.B. die Anwendung gentechnischer Verfahren fundierte Urteile zu fällen und evidenzbasiert zu argumentieren? Und wie müssen Unterricht gestaltet und Lehrkräfte ausgebildet werden, damit die ‚biologische Bildung‘ gelingt, also junge Menschen entsprechend ihrer ganz individuellen Potenziale gefördert werden? Diese Fragen versuche ich in meinen Forschungsarbeiten im Bereich der biologiedidaktischen Lehr-Lern-Forschung zu klären.
Im Projekt LEMUR wird zum Beispiel erforscht, welche fachspezifischen Repräsentationen in den Biowissenschaften verwendet werden und wie Schülerinnen und Schüler den Umgang mit diesen oft komplexen Darstellungsformen lernen können. Im DFG-Projekt FiRe² fokussieren wir darüber hinaus die Gruppe der (angehenden) Lehrkräfte und untersuchen, welche Bedingungen und Wirkungen Feedback auf die professionelle Kompetenz von Lehramtsanwärterinnen und –anwärtern hat – insbesondere für den Einsatz von Repräsentationen im naturwissenschaftlichen Unterricht.
Daneben beschäftige ich mich im Rahmen einer gemeinsamen Initiative von Bund und Ländern im BMBF-Verbundprojekt „Leistung macht Schule“ (LemaS) mit einer verbesserten Identifikation und Förderung leistungsstarker und potenziell besonders leistungsfähiger Schüler*innen und Schüler. Für diese sollen die schulischen Entwicklungsmöglichkeiten im Regelunterricht verbessert werden.
Das Projekt „Du denkst Zukunft“, welches an das Kieler Exzellenzcluster „Präzisionsmedizin für Chronische Entzündungserkrankungen“ und den Kiel Science Outreach Campus angegliedert ist, vergleicht Experten- und Laien-Vorstellungen zu medizinischer Forschung. Das Projekt wirft einen Blick auf Wissenschaftskommunikation, wie sie von Forschenden, praktizierenden Medizinerinnen und Medizinern sowie Schülerinnen und Schülern wahrgenommen wird. Die Ergebnisse fließen als Lernanlässe in die Weiterentwicklung von digitalen Lernumgebungen an der Schnittstelle Schule - Schülerlabore ein.
Was erwarten Sie von den Studierenden und von sich selbst innerhalb der Lehre?
Ich erwarte von den Studierenden und mir selbst gelebte Universität. Dazu gehören für mich die Bereitschaft und das Interesse zu einem auf Rationalität, Empirie, Kritik und Argumenten gegründeten Diskurs über die Biologie und ihre Vermittlung.
Zu welchen aktuellen gesellschaftlichen Themen oder Herausforderungen möchten Sie Ihre wissenschaftliche Expertise beitragen (und wie)?
In der Biologie ergeben sich über die fachwissenschaftlichen Grenzen hinaus Anknüpfungspunkte und Verbindungen zu anderen Natur-, Geistes- und Humanwissenschaften. Fragen nach Gesundheit und Krankheit, Genetik, Biodiversität und Vielfalt des Menschen erfordern einen breiter angelegten Diskurs.
Übergeordnet möchte ich dazu beitragen, theorie- und evidenzbasiert Maßnahmen zur Förderung fachlicher und überfachlicher Fähigkeiten von Lernenden und (angehenden) Biologielehrkräften zu entwickeln und empirisch zu erforschen. Meine fachdidaktische Forschung soll dabei immer auch Antworten darauf suchen, wie Biologieunterricht und die Ausbildung von Biologielehrkräften auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen wie beispielsweise die Digitalisierung oder eine zunehmende Etablierung von Postfaktizität reagieren kann und soll.
Welches ist Ihr Lieblingsort in Hamburg?
Vieles an Hamburg gefällt mir sehr – Wasser, Möwen und das „Moin“. Deshalb werde ich sicherlich noch einige Lieblingsorte finden in Hamburg. Besonders schön finde ich es an einem Sommerabend in der Strandperle am Elbstrand.