"Es gibt viele Parallelen und in den ein oder anderen Bereichen können wir voneinander lernen."Ein Interview mit Prof. Dr. Roland Messmer
6. Juni 2024
Foto: Roland Messmer
Wir sprachen mit Prof. Dr. Roland Messmer - Professor für Sportdidaktik an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW).
Für den Anfang, wo kommst du her und was ist dein beruflicher Hintergrund?
Ich heiße Prof. Dr. Roland Messmer und ich komme aus der Schweiz, genauer arbeite ich in Basel/Muttenz und wohne in Bern. Derzeit bin ich Professor für Sportdidaktik an der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und bezeichne mich als Erziehungs- und Sportwissenschaftler. An der FHNW genauer an der Pädagogischen Hochschule bilden wir Lehrpersonen – genauer gesagt Sportlehrpersonen in meinem Fall – für die Sekundarstufe 1 und 2 aus.
Danke dir! Kannst du uns bitte mitnehmen, warum du hier an der Fakultät für Erziehungswissenschaft bist und warum deine Wahl ausgerechnet auf Hamburg als Standort gefallen ist?
Vor 30 Jahren bin ich – damals als Erasmusstudent – für ein halbes Jahr nach Hamburg gekommen. Seither bin ich Fan vom FC Sankt Pauli… DAS zeigt vielleicht meine persönliche Verbundenheit mit der Stadt Hamburg ganz gut. Seitdem hatte ich immer wieder einmal die Idee, das Auslandjahr voll zu machen, aber das funktionierte aufgrund privater Entwicklungen bisher nicht. Und nun hat es endlich geklappt. Darüber bin ich sehr froh.
Außerdem kenne ich die Menschen hier. Mit Claus Krieger bin ich seit längerem persönlich und beruflich eng verbunden. Beispielsweise haben wir diverse internationale Tagungen besucht und auch schon das eine oder das andere Forschungsprojekt gemeinsam durchgeführt. Nicht zuletzt gibt es auch ein systemimmanentes Argument für den Standort Hamburg: Wie ich oben schon sagte, verstehe ich mich auch als Erziehungswissenschaftler und da ist mir das Hamburger Modell der Lehrer:innenbildung sehr nah.
Was hast du in deiner Zeit in Hamburg vor? Welche Projekte möchtest du angehen bzw. bist du schon angegangen?
Zunächst möchte ich einmal festhalten, dass ich aktiv in die Lehre hier im Arbeitsbereich Bewegung, Spiel und Sport eingebunden bin. Ich habe für das Sommersemester ein Seminar in der Einführung Fachdidaktik Sport übernommen. Das ist mir wichtig, da ich durch dieses Seminar sowohl die Lehre an der Uni Hamburg aus der Perspektive des Dozenten kennen lerne und zudem in den mit dem Seminar verbundenen Praktika einen Einblick in den Sportunterricht in Hamburg bekomme. Um hier weitere Ideen in der Umsetzung zu bekommen, habe ich außerdem an der Skiexkursion des Sportinstituts nach Lillehammer teilgenommen. Es ist sehr spannend, einen Einblick in die Lehre an einer deutschen Hochschule zu bekommen.
Vor Kurzem haben wir außerdem die Förderung für ein Forschungsprojekt bekommen, in dem Claus Krieger Projektpartner ist. Aus einer fachdidaktischen Perspektive soll in dem Projekt UPiS (Unterrichtspraxis im Fach Sport) die Unterrichtspraxis im Schulfach Sport untersucht werden. Um empirisch aufzuzeigen, was im Sportunterricht unterrichtet und gelernt wird. Hierfür sind u. a. Schulbesuche an Hamburger vorgesehen, von denen ich mir in den nächsten beiden Monaten noch einen spannenden Einblick in das Schulgeschehen vor Ort erwarte. Methodologisch werde diese Beobachtungen aus den Besuchen zu Geschichten verdichtet und dienen dann als Counternarrative in unserm Projekt.
Wenn mir dann noch Zeit bleibt, überarbeite ich das Buch „Fachdidaktik Sport“, welches in seiner ersten Auflage 2013 erschienen ist und nun einer Überarbeitung Bedarf.
Wie hast du das Leben bisher, nun bist du schon sieben Wochen hier, in Hamburg erlebt? Und welche Erfahrungen hast du mit der Durchführung der Lehrveranstaltungen bisher gemacht?
Wunderbar. Bisher habe ich sehr viele nette Menschen getroffen und neu bzw. neue Leute kennengelernt. Und, was ganz großartig ist, ich habe meine Regenstiefel noch nicht gebraucht bisher. Mit einigen familiären und freundschaftlichen Besuchen habe ich die Stadt weiter erkundet. Habe Beispielsweise etwas Kulturprogramm erlebt, einige Konzerte besucht, die Elphi angeschaut oder den Aufstieg vom FC Sankt Pauli im Stadion miterlebt.
Die Lehrveranstaltungen sind hier sehr vergleichbar zu denen in der Schweiz. Erstaunt war ich über die geringe Anzahl der Veranstaltungen in der Fachdidaktik. Da bilden wir unsere Studierenden in der Schweiz deutlich intensiver aus. Dennoch zeigen sich in der Arbeit mit den Studierenden keine wesentlichen Unterschiede, die Suche nach praktikablen und einfachen Lösungen für die Praxis ist auch hier festzustellen. Aus meiner Erinnerung vor 30 Jahren, dachte ich zuerst, der Theoriebezug sei in einem zweiphasigen System größer, das hat sich wohl geändert. Ich habe mitbekommen, wie Lehre hier funktioniert und wie das Studium aufgebaut ist. Das es viele Parallelen gibt, aber das wir in den ein oder anderen Bereichen voneinander lernen können.
Welche „take home message“ nimmst du jetzt schon mit zurück in die Schweiz?
Professoren sollten nachdenken… Dies hat mir ein Kollege hier neulich gesagt und hat mich wiederum sehr zum Nachdenken angeregt bzw. in meiner Haltung bestärkt. Ich habe ein bisschen besser verstanden, wie die UHH als System funktioniert und bin jetzt noch sehr gespannt wie der Sportunterricht in Deutschland oder speziell in Hamburg abläuft.
Ich finde, der internationale Austausch sollte noch weiter gefördert werden und mehr Formate auch den internationalen Austausch in der universitären Lehre zum Fokus haben. In der Forschung passiert das häufig schon. In der Lehre fehlt es da oft noch an den richtigen Formaten. Aber auch ein Blick über den Tellerrand von technischem Verwaltungspersonal oder Studierenden sollte weiterempfohlen werden. Ich erlebe das als sehr, sehr bereichernd. Und einmal etwas anderes sehen erweitert den Horizont und gerade auch angehenden Lehrer:innen bringen solche Erfahrungen viel im späteren Umgang mit heterogenen Klassen.