Mein digitales Semester in Japan
27. September 2022
Foto: Freepik/tawatchai07
Zwei Lehramtsstudierende berichten von ihren Erfahrungen im virtuellen Austausch mit der Osaka University im Sommersemester 2022
Majbritt und Matthis haben im Sommersemester 2022 an der Osaka University (OU) studiert – virtuell. Sie haben jeweils einen Onlinekurs aus dem digitalen Angebot für Hamburger Studierende belegt. Diese Möglichkeit kam durch die Gründung eines virtuellen Netzwerks zwischen der UHH und der OU zustande. Majbritt studiert Französisch und Mathematik auf Lehramt an Gymnasien, Matthis studiert Bildende Kunst auf Lehramt an Gymnasien sowie Literaturwissenschaft im Master. Die Erfahrungen der beiden sind in diesem Interview zusammengefasst.
Referat Internationalisierung: Wie habt ihr von dem virtuellen Kursangebot in Osaka erfahren?
Majbritt: Über die Stine-Infomail – da ich allerdings sehr viele Mails über diese Adresse geschickt bekomme, ist die Info erst einmal untergegangen und ich entdeckte sie später eher durch Zufall wieder.
Matthis: Ich glaube, das war auch bei mir das Medium, über das ich von dieser Option erfahren habe. Da ich während der Coronapandemie schon mal eine virtuelle Summer School an der Universität Tokio besucht habe und außerdem bereits eine Zeitlang in Japan verbracht habe, habe ich nicht lange über die Option nachgedacht, sondern mich direkt für den Kurs „Japan: Society and Ideology“ beworben.
Wie lief dann der Bewerbungsprozess ab?
Majbritt: Das war wirklich total unkompliziert und wenig aufwändig. Die Kommunikation lief sehr gut und schnell. Alle schienen sehr begeistert von dem Programm zu sein und waren sehr hilfsbereit. Daher möchte ich an dieser Stelle schon sagen: Unabhängig vom Studiengang kann ich jedem nur empfehlen, an einem virtuellen Kurs im Ausland teilzunehmen. Es ist kostenlos und eine einfache Möglichkeit, in andere Lehrangebote reinzuschnuppern und so seinen Horizont zu erweitern.
Habt ihr denn Kurse gewählt, die zu eurem Curriculum in Hamburg passen oder wie seid ihr bei der Kurswahl vorgegangen?
Matthis: Ich habe den Kurs tatsächlich hauptsächlich nach dem Motto „das Thema interessiert mich“ gewählt. Ich habe dann schnell festgestellt, dass der Kurs sehr interdisziplinär und komparatistisch angelegt und daher von der Schwierigkeitsstufe auch eher fortschrittlich war. Für meinen Studienverlauf hat er mir „nur“ insofern etwas gebracht, dass ich ihn im Wahlbereich einbringen werde. Dadurch, dass der Kurs asynchron war, konnte ich mir aber sehr gut frei einteilen, wann ich hierfür Zeit aufwänden wollte und in meinem Tempo teilnehmen. Das hat mir sehr gut gefallen und hat auch in diesem Semester sehr gut zum Rest meines Studiums gepasst, was ja zum Großteil wieder in Präsenz stattgefunden hat.
Majbritt: Ich habe den Kurs „Second Language Learning with Online Resources“ gewählt, der schwerpunktmäßig das Thema Fremdsprachenlernen thematisiert hat – also vergleichbar mit Kursen in meinem Fach Französisch sowie der zugehörigen Fachdidaktik ist. So war der Kurs für mich eine gute Mischung aus Aspekten, die mir aus meinem Studium an der Uni Hamburg schon vertraut waren, und Inhalten, die neu für mich waren – z.B. zur japanischen Sprache und Kultur. Es wurde alles anschaulich und verständlich präsentiert.
Wenn ihr euren Kurs an der Osaka University mit euren Kursen an der Universität Hamburg vergleicht, was fällt euch auf?
Majbritt: Ich hatte das Gefühl, dass in meinem Kurs an der OU die Partizipation mehr gefördert wurde, was ich sehr gut fand. Die aktive Beteiligung war sehr gewünscht und wurde auch bewertet. Die Dozentin hat uns stets ermutigt, uns zu beteiligen. Es gab mehrere Kurzvorträge, einen Chat via InCircle sowie viele Gruppenarbeiten in Breakout-Sessions.
Matthis: Das war in meinem Kurs tatsächlich ganz anders – schon allein, weil ich asynchron teilgenommen habe. Allerdings war die Betreuung des Kurses durch den Teaching Assistant sehr gut und es gab auch jederzeit die Möglichkeit, dem Dozierenden zu schreiben, wenn Rück- oder Verständnisfragen auftauchten. Im Gegensatz zu den meisten Kurse an der Uni Hamburg gab es auch wöchentliche Abgaben. Der Arbeitsaufwand belief sich auf ungefähr 3 Stunden pro Woche, würde ich sagen. Am Ende musste noch ein etwas längeres Paper abgegeben werden.
Majbritt: Ich würde sagen, dass der zeitliche Aufwand während des Semesters etwas höher war als bei meinen vergleichbaren Kursen in Hamburg. Dadurch, dass die Gruppenpräsentation und die Unterrichtsbeteiligung sowie die Hausaufgaben in die Beurteilung mit eingeflossen sind, war man hier im Verlaufe des Semesters stärker involviert. Ich habe das aber auch als tolle Gelegenheit empfunden, in Kontakt mit den anderen Internationals zu kommen, die den Kurs besucht haben. Dennoch empfand ich die zu erbringenden Leistungen nicht schwieriger als bei vergleichbaren Kursen an der Uni Hamburg.
Stichwort Interaktion: Hat euch der virtuelle Austausch die Möglichkeit geboten, mit anderen Studierenden – japanischen oder internationalen – in Kontakt zu treten und so auch eine Art international experience zu erhalten?
Majbritt: Ein großer Anteil des Kurses bestand aus der Vorbereitung der bereits erwähnten Präsentation, die wir in festen Gruppen erarbeiteten. Dadurch war ich sehr viel in direktem Kontakt mit anderen internationalen Studierenden. Wir hatten immer wieder die Gelegenheit, uns gegenseitig über unsere Heimatländer, Kulturen etc. auszutauschen. Da der Kurs ums Fremdsprachenlernen ging, wurden immer wieder die vielen unterschiedlichen Muttersprachen der Teilnehmenden miteinbezogen. Des Weiteren stellte die Dozentin jedes Mal etwas typisch Japanisches vor und erkundigte sich, ob es ähnliches in unseren Heimatländern gibt oder welche verschiedenen Traditionen etc. wir haben. Für mich war dieser Kurs auf jeden Fall eine international experience!
Matthis: Ich hatte durch den Kurs keinen Kontakt zu anderen Internationals, Kontakt zu Japaner:innen wäre durch diesen Kurs auch gar nicht möglich gewesen, da er sehr auf internationale Studierende zugeschnitten war. Meiner Meinung nach ist aber schon die Erfahrung, dass man sich in einem anderen universitären System und damit in einem anderen Lernsetting bewegt, vergleichbar mit einer Art international experience. Auch die Sprachbarriere, die unweigerlich bei der Vermittlung japanischer Inhalte auf Englisch auftauchte, führt meines Erachtens nach dazu, dass man in einen anderen Kontext eintaucht und andere Erfahrungen macht, als wenn man z.B. Onlinelehre an der Uni Hamburg hat. So ein virtueller Kurs kann auf keinen Fall die physische Mobilität ersetzen, aber es ist ein guter Kompromiss – auch wenn man z.B. noch überlegt, ob man die wirkliche Mobilität „wagen“ sollte. Oder einfach eine tolle Möglichkeit, Inhalte „mitzunehmen“, die man in Hamburg so nicht geboten bekommt. Das ist auch der Grund, warum ich mich erneut für einen Kurs an der OU bewerben möchte (lacht)!
Wenn das mal keine Werbung ist! Majbritt, du hast vorhin auch schon für die Teilnahme an der virtuellen Mobilität geworben – möchtest du noch etwas hinzufügen?
Majbritt: Virtuelle Mobilität ist kostenlos, unkompliziert zu organisieren und leicht in den Stundenplan zu integrieren. Es ist ein einfacher Weg, um neue Menschen kennenzulernen. Auch für viele, die vielleicht eine interkulturelle oder internationale Erfahrung machen möchten, aber kein Auslandssemester (wegen Zeit, Orga, Kosten etc.) absolvieren wollen oder können, ist dies eine gute Alternative oder kann ein „Appetizer“ sein, der Lust auf mehr macht. Es ist immer schön, in internationalen Kursen zu sein und zu sehen, wie offen alle miteinander umgehen und bereit sind, voneinander zu lernen – auch wenn es nur online ist. Mir hat der Kurs auf jeden Fall Lust gemacht, auch einmal physisch nach Japan zu reisen, sobald sich zeitlich und finanziell die Möglichkeit bietet.
Danke für eure Zeit! Alles Gute für euer weiteres Studium!
Neue Kurse im Rahmen der virtuellen Mobilität an der Osaka University werden voraussichtlich Ende des Jahres / Anfang 2023 freigeschaltet. Weitere Möglichkeiten der virtuellen Mobilität bietet das Programm eMobi@Dg2 oder auch das virtuelle Angebot der Karls Universität Prag (Anmeldung noch bis zum 30.9.2022 möglich!), welches ebenfalls für Studierende der Universität Hamburg geöffnet ist.