Interview mit Gastwissenschaftler Henrik Kasch aus Dänemark
10. Dezember 2020, von Randi Barth
Foto: UHH/Barth
Henrik Kasch ist Englisch-Lektor in der Lehrerausbildung des University College of South Denmark und wird Anfang 2021 seine Promotion an der Aarhus University abschließen. Kurz vor Ende seines Dissertationsprojekts war er für ca. 6 Wochen als Gastwissenschaftler an der Fakultät für Erziehungswissenschaft. Wir haben am letzten Tag seines Aufenthaltes in Hamburg die Gelegenheit genutzt, ihm ein paar Fragen zu seinem Aufenthalt zu stellen. Herr Kasch spricht sehr gut Deutsch, weswegen es ohne Probleme möglich war, das Interview auf Deutsch zu führen.
Fakultät für Erziehungswissenschaft: Herr Kasch, danke, dass Sie sich heute noch Zeit für ein paar Fragen nehmen. Wie blicken Sie denn auf Ihren Aufenthalt in Hamburg und an unserer Fakultät zurück?
Henrik Kasch: Ich freue mich sehr, dass ich hier sein konnte! Mein Aufenthalt war ja eigentlich für April 2020 geplant, durch Corona musste er nach hinten verschoben werden. Umso erfreuter war ich, dass es dann nun doch noch geklappt hat. Ich hatte auch das Glück, schon Mitte Oktober in Hamburg anzukommen, so dass ich in meiner Zeit hier nicht nur im Lockdown war, sondern anfangs sogar noch ins Restaurant gehen konnte. Und so war es natürlich auch möglich, meine Kolleginnen und Kollegen hier an der Fakultät live zu treffen, unter anderem Frau Professorin Paseka und Frau Schütt. Schön finde ich auch, dass sich trotz der kurzen Dauer meines Aufenthaltes bereits künftige Kooperationsmöglichkeiten als Ideen aufgetan haben. Vielleicht wird dies ja nicht mein letzter Aufenthalt in der Hansestadt gewesen sein… Ich würde in jedem Fall gerne wiederkommen – auch wegen der Stadt!
Das wäre natürlich schön. Wie kam es aber eigentlich dazu, dass Sie sich überhaupt für einen Aufenthalt in Hamburg entschieden haben?
Das Forschungsfeld UDL (Universal Design for Learning), mit dem ich mich in meiner Dissertation befasse, ist in Dänemark leider noch sehr im Aufbau begriffen – ehrlich gesagt, glaube ich, dass ich landesweit der Einzige bin, der sich mit diesem Thema beschäftigt. (lacht) Daher wollte ich im Rahmen meiner Dissertation an eine Universität gehen, an der das Thema schon eine gewisse Relevanz hat. Die USA wären als Zielland sehr geeignet gewesen, da das Konzept des UDL von dort kommt. Aber für solch einen kurzen Forschungsaufenthalt erschienen sie mir zu weit weg. Hamburg als second best choice hat mich aber insofern nicht enttäuscht, da ich hier sehr engagierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler getroffen habe und auf breites Interesse an der UDL-Forschung gestoßen bin. UDL ist an der Universität Hamburg ein fächerübergreifender Bestandteil des Lehramtsstudiums – insofern also eine „nahrhafte“ Umgebung für mich. (Anmerkung aus der Fakultät: Das Konzept UDL wird in den Lehramtsstudien in Hamburg durch den Arbeitsbereich Schulpädagogik & Schulforschung flächendeckend in allen sog. Grundlagenseminaren des Bachelor-Studiums eingeführt. Die Studierenden hatten Gelegenheit, die UDL-Prinzipien bei der Gestaltung von Seminaren selbst auszuprobieren, auch die Prüfungen mit Posterunterstützung wurden auf Basis von UDL durchgeführt. In der digitalen Lehre sind die Prinzipien leitend für die Gestaltung von Lerneinheiten.) Wie gesagt, es hat sich sogar die Idee einer weiterführenden Kooperation ergeben, worüber ich mich sehr freue. Ich bin Professorin Paseka sehr dankbar, dass Sie hier auch aktiv für Anknüpfungspunkte gesorgt hat!
Können Sie einmal den Inhalt Ihres Dissertationsprojekts beschreiben? Was genau meint UDL und inwiefern beschäftigen Sie sich in Ihrer Fragestellung mit dem Thema?
Meine Dissertation ist kumulativ, d.h. ich habe in den letzten Jahren 3 Artikel veröffentlicht, an der Finalisierung des vierten und letzten arbeite ich gerade. In meiner Forschung beschäftige ich mich mit der Fragestellung, wie der Einsatz computergestützter Methoden des Fremdsprachenlernens (CALL: computer-assisted language learning) mit den Prinzipien von UDL zusammengeführt werden kann und wie dadurch der Zugang zum Text oder Textverständnis für alle Schülerinnen und Schüler optimiert werden kann. Ich konnte nachweisen, dass die Erweiterung der Möglichkeiten neben dem Lesen (also z.B. der Einsatz von Bildern, von Text-to-Speech etc.) das Textverständnis für alle Schülerinnen und Schüler verbessert – einerseits für die, denen das Lernen und Verstehen leicht(er) fällt und andererseits für die, die Lernunterstützung benötigen. UDL, also die Anpassung der Lehrmethoden an die Heterogenität der Lernkapazitäten der Schülerinnen und Schüler, bietet enorme Möglichkeiten, digitale Tools im Unterricht zum Einsatz zu bringen und zwar so, dass alle davon profitieren. Meine Hypothese, dass diese zusätzlichen Funktionalitäten für alle Fremdsprachen-Schülerinnen und -Schüler sinnvoll eingesetzt werden können, hat sich durch die Forschungsergebnisse bestätigt. Im Gespräch mit Frau Dr. Schütt habe ich erfahren, dass die Servicestelle InkluSoB hier auch ansetzt, und Studierende die Möglichkeit haben, sich mit den Potentialen von digitalen Tools (Anmerkung aus der Fakultät: z. B. Vorlese-Apps, Assistenzsoftware Kurzweil 3000) für einen gemeinsamen Unterricht auseinander zu setzen.
Das klingt tatsächlich sehr spannend und zukunftsweisend. Dann hoffen wir, dass sich zukünftig weitere Kooperationsmöglichkeiten ergeben und vielleicht dürfen wir Sie dann auch einmal wieder an der Fakultät begrüßen. Ich danke Ihnen nun erst einmal für Ihre Zeit, wünsche Ihnen eine gute Heimreise und alles Gute für die Zukunft – und bleiben Sie gesund!
Kontaktmöglichkeiten zu Herrn Kasch: hkas@ucsyd.dk