Niklas-Max Thönneßen
Stipendiat
Anschrift
- Kurzvorstellung
Niklas-Max Thönneßen promoviert am Fachbereich Erziehungs- und Bildungswissenschaften an der Universität Bremen und lebt in Hamburg. Er ist Stipendiat im kooperativen Graduiertenkolleg „Vernachlässigte Themen der Flüchtlingsforschung“ an der Universität Hamburg und der HAW Hamburg und wird durch ein Promotionsstipendium der Hans-Böckler-Stiftung gefördert und unterstützt.
- Kontakt
niklas-max.thoennessen@uni-hamburg.de
- Aktuelles Forschungsprojekt
"Zur Aushandlung von Migrationsgesellschaft in und durch ‚Willkommensinitiativen‘" (Arbeitstitel)
Den ikonisch gewordenen (oder besser: gemachten) Szenen gerade vom Münchener Haupt-bahnhof im Spätsommer 2015 aber auch aus vielen anderen Städten ging „eine gesellschaftlich breit verankerte und auch medial begleitete Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland“ (Karakayalı & Kleist, 2015, S. 31) voraus. So spricht Klaus J. Bade (2014) schon 2014 von der „Willkommenskultur bottom up“ (S. 9). Für Ulrike Hamann & Serhat Karakayalı (2016) wurde die Atmosphäre des Willkommens 2015 dann hegemonial (S. 75): Von Parteien über Gewerkschaften und Firmen bis hin zu Medien wie selbst die BILD-Zeitung initiierten Willkommens-Kampagnen. Immer wieder ist da vom ‚Sommer des Willkommens‘ die Rede ‒ und das in einem Land, dessen „Selbstbezeichnung als Einwanderungsland als Zumutung und Angriff auf das nationale Selbstverständnis“ (Karakaşoğlu 2011, S. 101) lange Zeit abgelehnt wurde; in dem auch in Deutschland geborene nicht-weiße Menschen immer wieder die Frage beantworten müssen, woher sie denn eigentlich kommen würden; in dem statt über Rassismus lieber von Fremdenhass und Ausländerfeindlichkeit die Rede ist. Die Frage danach, ob und inwiefern im ‚Sommer des Willkommens‘ tatsächlich ein Paradigmenwechsel der „migrationsgesellschaftlichen Selbstthematisierungen“ (Mecheril 2010, S. 11) zu sehen ist, ist einer der Ausgangspunkte für mein Promotionsprojekt.
Das Willkommenheißen im Sommer 2015 ging dabei über die Sphäre des Symbolischen hinaus und umfasste so auch einen Aktivierungsschub praktischer Unterstützung von Migrant*innen durch Freiwillige: Zwischen 2015 und 2017 hat ein Viertel der deutschen Wohnbevölkerung Geflüchteten aktiv geholfen (BMFSFJ 2017, S. 11). Viele der Unterstützer*innen wurden in spontan gegründeten Bündnissen, Netzwerken und Initiativen aktiv, die sich primär für Geflüchtete im lokalen Nahraum (Lingg und Stiehler 2010) engagierten. Dadurch geht es also – zumindest potenziell oder imaginiert – um die Zuwanderung in die eigene Nachbarschaft als Teil der „alltägliche[n] Lebenswelt“, um mit Schütz und Luckmann (2003) zu sprechen. Der Bezug auf den ‚Sommer des Willkommens‘ bzw. eine ‚Willkommenskultur‘ wie auch der lokale Kontext ist bei vielen Initiativen schon im Namen ersichtlich, die zwar auch Flüchtlingshilfe Castrop-Rauxel oder Schwerin heißen, sich vor allem aber Namen geben wie Willkommen in Birkenwerder, Borgsdorf oder Oberhavel; Welcome to Bensheim, Wandsbek oder Karlshorst; Willkommensinitiative Lüneburg, Nauen oder Biesenthal. Diese hier dem Feldbegriff folgend ‚Willkommensinitiativen‘ genannten Initiativen stehen im Fokus meines Promotionsprojekts.
Hier möchte ich den Blick auf die Aushandlung migrationsgesellschaftlicher Verhältnisse im Kontext von ‚Willkommensinitiativen‘ und damit auf migrationsgesellschaftliche Selbstthematisierungen derjenigen Menschen richten, die (Flucht-)Zuwanderung erst einmal offen gegenüber zu stehen scheinen. Wie werden ‚das Fremde‘ und ‚das Eigene‘ in ‚Willkommensinitiativen‘ verhandelt bzw. dabei erst hervorgebracht? Welche Vorstellungen von ‚Fremdheit‘, von migrationsgesellschaftlichen (Kräfte-)Verhältnissen manifestieren sich in den Unterstützungspraxen? In welchem Zusammenhang stehen die Fremdheitskonstruktionen mit der Ausgestaltung der Unterstützungspraxen? Welche (migrations-)gesellschaftlichen Wirklichkeiten werden durch die Unterstützungspraxen hervorgebracht?
Erstbetreuung: Prof. Dr. Marc Thielen (Universität Hannover)
Zweitbetreuung: Prof. Dr. Martina Weber (Hochschule Emden/Leer
- Vita
seit 2018
Promotion am Kooperativen Graduiertenkolleg "Vernachlässigte Themen der Flüchtlingsforschung"
2015 - 2018
Masterstudium der Empirischen Bildungsforschung (RWTH Aachen), Thema der Abschlussarbeit: Forever Temporary - Eine Fallstudie über die organisationale Handlungsfähigkeit in einer volatilen Aufgabenumwelt am Beispiel einer Hilfsorganisation für Geflüchtete in Calais
2011 - 2015
Bachelorstudium der Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaft, Politik und Gesellschaft, Thema der Abschlussarbeit: Mitleid fühlen, Mitfühlen lernen - G.E. Lessings Tragödientheorie im Kontext der Menschenrechtsbildung
2013 - 2018
Leitung der Initiative Recht auf Spiel, Grevenbroich
2009 - 2011
Regieassistent am Rheinischen Landestheater Neuss
- Lehre
2021
Gastvortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Inter- und Transkulturalität“ im Bachelorstudiengang „Soziale Arbeit“, Hochschule Emden/Leer.
2021
Zwei Seminarblöcke im Seminar „Wem hilft die Flüchtlingshilfe? Kritische Anfragen aus der Sozialen Arbeit“ zum Thema „Das Konzept der Integration in der sogenannten ‚freiwilligen Flüchtlingshilfe’– oder: die Entzauberung eines Zauberwortes“, gemeinsam mit Miriam Bach und Lukas Schäfermeier, im Studiengang „M.Sc. Interdisziplinäre Public und Nonprofit Studien“, Universität Hamburg.
2020
Gastvortrag im Rahmen der Ringvorlesung „Inter- und Transkulturalität“ im Bachelorstudiengang „Soziale Arbeit“, Hochschule Emden/Leer.
2019
Sexualität und Geschlecht der ‚Anderen‘ - Differenzierungsprozesse in migrationspädagogischen Kontexten, Seminar im Modul „Umgang mit Heterogenität in der Schule und im Elementarbereich“ der Studiengänge „Bachelor of Arts Bildungswissenschaften des Primar- und Elementarbereichs“ sowie „Master of Education Lehramt an Grundschulen“, Universität Bremen.
- Veröffentlichungen
eingereicht
mit Özlem Erden-Başaran und Ester Driel: Translocal migration, local support. A comparative analysis of local support practices in Germany, Italy and Turkey. In: Aida Delic, Ioannis Kourtis, Olga Kytidou, Sabrina Sarkodie-Gyan, Uta Wagner und Janina Zölch (Hg.): Globale Zusammenhänge, lokale Deutungen? Springer: Wiesbaden
2021
Erfolgsgeschichten und Sorgenkinder. Zur Konstruktion von Integrationsfähigkeit in und durch ‚Willkommensinitiativen‘. In: Miriam Bach, Lena Narawitz, Joachim Schroeder, Marc Thielen und Niklas-Max Thönneßen (Hg.): FluchtMigrationsForschung im Widerstreit. Über Ausschlüsse durch Integration. Münster: Waxmann, S. 51-64.
2021
mit Samah Abdelkader, Miriam Bach, Lena Narawitz, Pauline Runge und Lukas Schäfermeier: Forschungsethik als politische Verantwortung. Reflexionen zum Veröffentlichen in der Flucht*Migrationsforschung. In: Miriam Bach, Lena Narawitz, Joachim Schroeder, Marc Thielen und Niklas-Max Thönneßen (Hg.): FluchtMigrationsForschung im Widerstreit. Über Ausschlüsse durch Integration. Münster: Waxmann, S. 211-223.
2019
Ehrenamtliche als Integrationslotsen im totalen Flüchtlingsraum? Risiken und Chancen der Orientierung am Integrationsbegriff im Feld ehrenamtlicher Unterstützung für Geflüchtete. In: Margrit E. Kaufmann, Laura Otto, Sarah Nimführ und Dominik Schütte (Hg.): Forschen und Arbeiten im Kontext von Flucht. Reflexionslücken, Repräsentations- und Ethikfragen. Wiesbaden: VS, S. 285-310.
- Konferenz- und Tagungsbeiträge
2021
„Practice Patterns of Welcoming. Motives for and logics of ‘refugee support‘ in local initiatives in Germany“. Vortrag auf der Internationalen Tagung des Kooperativen Graduiertenkollegs Vernachlässigte Themen der Flüchtlingsforschung (Universität Hamburg) und der Projektgruppe Empirische Migrationsforschung Salzburg (Universität Salzburg): Globale Zusammenhänge, lokale Deutungen? Kritische Positionierungen zu wissenschaftlichen und medialen Diskursen im Kontext von Flucht und Asyl. Salzburg.
2020
„Fluchtforschung und ihre Öffentlichkeiten“. Digitaler Workshop im Rahmen der 3. Konferenz des Netzwerks Fluchtforschung, mit Samah Abdelkader, Miriam Bach, Lena Narawitz, Pauline Runge und Lukas Schäfermeier.
2019
„Ehrenamtliche als Integrationslots*innen im totalen Flüchtlingsraum?“ Vortrag auf der Tagung für Wissenschaftler*innen in der Qualifikationsphase der Kommission Interkulturelle Bildung (KIB) in der Sektion Interkulturelle und International Vergleichende Erziehungswissenschaft (SIIVE): Theoretische, methodologische und konzeptionelle Aspekte erziehungswissenschaftlicher Migrationsforschung – aktuelle Qualifikationsprojekte. Wuppertal.