Delegation der UHH in Lateinamerika
5. Oktober 2017, von Dr. Wolfgang Roehl

Foto: Siemon
Mit der Idee, potentielle strategische Partner für die Universität Hamburg zu finden, ist Anfang September eine Delegation der Universität nach Lateinamerika aufgebrochen. Mit dabei waren Vizepräsidentin Prof. Dr. Rupp, Mitglieder der Abteilung Internationales sowie Vertreterinnen und Vertreter fast aller Fakultäten. Zumeist waren dies, wie auch bei der Erziehungswissenschaft, die jeweiligen Prodekane für Internationalisierung.
Die Frage ist natürlich, ob es überhaupt sinnvoll ist, Partnerschaften quasi top-down auf Universitätsebene zu initiieren. Aber mit den Erfahrungen, die zum Beispiel auch Kolleginnen und Kollegen der Erziehungswissenschaft in der Zusammenarbeit mit bereits existenten strategischen Partnern haben, zeigt sich zumindest, dass es geht. Insofern ist es schon sinnvoll, sich auch einmal die namhaften Universitäten in Lateinamerika anzusehen, weil dieser Kontinent für uns noch ein weißer Fleck auf der universitären Landkarte ist.
Das erste Ziel war die Universidad de Chile in Santiago (UDC). Nach einem herzlichen Empfang durch das Präsidium verteilten sich die Vertreter der Fakultäten und Forschungseinrichtungen. Ich selbst war zunächst am Centro de Investigaciones Avanzadas en Educación. Zu diesem Zentrum gibt es bereits einen Kontakt durch unsere Kollegin Gabriele Kaiser. Ich selbst war sehr von der Forschungsstärke und -breite des Zentrums beeindruckt (siehe Website CIAE), die auch Bereiche der Schul- und Unterrichtsforschung mit einschließt. Da auch eine Auseinandersetzung mit Methoden der Unterrichtsbeobachtung im Portfolio enthalten ist, werde wohl auch ich zu dem Zentrum Kontakt halten. Gleichzeitig möchte ich die Empfehlung für meine Kolleginnen und Kollegen der Fakultät für Erziehungswissenschaft aussprechen, sich einmal mit dem Zentrum auseinanderzusetzen und nach möglichen Partnern Ausschau zu halten. Dass die UHH eine Partnerschaft zur UDC intensivieren wird, halte ich für sehr wahrscheinlich.
Die zweite Station war die Fakultät für Geisteswissenschaften der UDC, in der Teile der Fachdidaktik, zum Beispiel auch der Mathematikdidaktik, untergebracht sind. Hier stellte sich bei mir eher ein gemischtes Gefühl ein, da kein einheitliches Forschungsprofil erkennbarer war und ganz offensichtlich die Fachdidaktik auch nicht sonderlich gut in eine fakultäre Struktur integriert ist. Dies gilt natürlich nur für den kleinen Eindruck, den ich an einem Nachmittag gewinnen konnte und kann keinesfalls verallgemeinert werden.
Die nächste Station war die private Pontifica Universidad Católica (PUC), ebenfalls an ihrem Hauptsitz in Santiago de Chile.
Man kann im Vergleich der beiden Universitäten sehr deutlich den Unterschied zwischen privaten und staatlich finanzierten Universitäten in Chile erkennen. Die PUC wartete zunächst mit einem Innovationszentrum auf, das technisch sowie personell top ausgestattet ist und Mitgliedern, Partnern sowie Kunden der Universität die Möglichkeit bietet, zentrale Forschungseinrichtungen auf dem Campus zu nutzen. Interessanterweise findet sich dort auch ein nach neuesten technischen Standards ausgestattetes Lern- und Beobachtungslabor. Einige Rückfragen brachten ans Licht, dass die tatsächliche Nutzung noch etwas hinter den Ansprüchen zurückbleibt. Aber auch die Erziehungswissenschaft ist ausgesprochen gut ausgestattet, verfügt über eine eigene Publikationsreihe, ein ebenfalls sehr gut ausgestattetes Lernlabor und ein Curriculum für Lehramtsstudiengänge, das begleitete Praxisphasen in alle Studienjahren vorsieht. Neben den hohen Studiengebühren wird dies auch durch die guten Verbindungen der PUC zu den ebenfalls privaten und gut ausgestatteten katholischen Schulen des Landes ermöglicht.
Nach einem Flug über die Anden und den brasilianischen Regenwald landeten wir kurze Zeit später in São Paulo. Die Universität von São Paulo (USP) verfügt über einen eigenen, durchaus stadtnahen Campus in der Größe einer mittleren Kleinstadt. Die Fakultät für Erziehungswissenschaft ist breit aufgestellt und entspricht in ihrer Struktur in etwa unserer Fakultät. Mittlerweile gibt es auch eine gute Übersicht über die forschungsstarken Themen der Fakultät, die bei mir angefragt werden kann.
Die letzte Station der Lateinamerikareise führte uns an die Universität von Campinas (UNICamp). Auch hier wurden wir wieder sehr herzlich vom Präsidium empfangen und teilten uns anschließend in die verschiedenen Fakultäten auf. Die Fakultät Erziehungswissenschaft dort hat eine Reihe von Forschungsschwerpunkte, die durchaus mit denen unserer Fakultät überlappen. Auch ein Zentrum für universitäres Lernen ist vorhanden, das gern einen Kontakt zum HUL aufbauen würde. Auch für Campinas lohnt sich der Blick auf die Website der Fakultät, um mögliche Ansprechpartner zu finden. Eine Vertreterin der Fakultät wird bereits am 16. Oktober an unserer Universität zu Besuch sein und sowohl eigene Forschungsaktivitäten vorstellen wie auch das Profil der Fakultät Erziehungswissenschaft der UNICamp präsentieren. Eine gesonderte Einladung dazu an die Fakultätsmitglieder folgt.
Insgesamt konnte ich mich auf der Reise davon überzeugen, dass es eine Reihe von Forschungsthemen gibt, die mit denen unserer Fakultät vergleichbar sind und die auch mit vergleichbaren Methoden beforscht werden. Aus der Perspektive der Fakultät für Erziehungswissenschaft würden strategische Partnerschaften der Universitäten vermutlich einen Beitrag dazu leisten, konkrete gemeinsame Forschungsaktivitäten sowie Austauschprogramme für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende zu ermöglichen. Insofern ist es begrüßenswert, dass es bereits die Möglichkeit gibt, sogenanntes Seed Money zu beantragen, um Reisen mit dem Ziel der Anbahnung konkreter Forschungsaktivitäten zu finanzieren. Ich gebe gerne Auskunft, welche Wege beschritten werden können.
Besonders erfreulich ist die gemeinsame Aktivität der Mitglieder aller Fakultäten der Delegation, die bereits auf der Rückreise einen Antrag beim Deutschen Wissenschafts- und Innovationshaus (DWIh) mit Sitz in São Paulo eingereicht haben, der - sofern bewilligt - einen Match-Making Workshop mit Vertretern der brasilianischen Universitäten sowie der Universität Hamburg ermöglichen wird.
Für Rückfragen stehe ich gern zur Verfügung.
Jens Siemon, Prodekan für Forschung, Nachwuchsförderung und Internationalisierung