BildperformanzenTagung im Rahmen des DFG Forschungsprojekts ›Visuelle Bildung‹
15. Februar 2023
Foto: Anna Bertermann
Mit Bildperformanzen haben wir es immer dann zu tun, wenn wir Bilder nicht als festgestellte, sondern als dynamische Erscheinungen auffassen, die erst im Prozess des Betrachtens entstehen. Sie werden von uns aktualisiert, um wieder zu verblassen und sich zu verschieben. Bildliche Performanzen sind gebunden an unsere sinnliche wie affektive Verstrickung. Sie sind untrennbar mit Techniken des Sehens und einer Bildwirkung auf uns verwoben, die unser Mitwirken in einem Bild- und Blickgeschehen immer neu herausfordern.
Aus dieser theoretischen Einstellung heraus, lässt sich die Begegnung zwischen Bild und Publikum als temporäres Wechselspiel beschreiben, in der Bildlichkeit mit der leiblichen Affizierung der Betrachter:innen sowie der besonderen raum-zeitlichen Situation in Beziehung tritt. Die jeweiligen Bezugnahmen auf Bilder, die im Präreflexiven einsetzen und unsere Aufmerksamkeit formieren, lassen sich als Weisen der Responsivität beschreiben. Ihr Spektrum reicht von Wunschbildungen in Träumen (vgl. Freud), über Momente der Widerfahrnis (vgl. Waldenfels), der Kraft (vgl. Schwarte) und Ansteckung (vgl. Busch) bis hin zur Übertragung (vgl. Pazzini). Was die Modi der Responsivität verbindet, ist das Potenzial, dass sie eine Bildarbeit als Subjektivierung in Gang setzen können, die uns etwas neu und anders sehen lassen. Was sie voneinander unterscheidet, sind spezifische Weisen ihrer dynamischen Kopplung (von der Lockerung zur Fixierung) und den Weisen ihrer Verschiebung von Bild- und Subjektgrenzen.
Aber wann und wie werden bildbasierte Blickperformanzen konstitutiv für Bilderfahrungen? Wie lassen sich bildliche Performanzen an spezifischen Arbeiten genauer darstellen, beschreiben und reflektieren? Welche leiblichen und affektiven Dynamiken lösen sie aus? Wie lässt sich das Spiel zwischen Nähe und Distanz, zwischen erfahrener Berührung und einer Beweglichkeit im Prozess des Sehens ausloten? Welche Rolle spielt dabei die Materialität und die Körperlichkeit der Bilder? Wo liegen Grenzen der Erforschbarkeit dieser komplexen Ereignisse?
Während im ersten Workshop (im Mai 2022 an der Universität Passau) der Begriff der Bilderfahrung im Mittelpunkt stand, um Bilder als elementaren Teil eines responsiven Geschehens zu verstehen, geht es im zweiten Workshop zu Bildperformanzen darum, das Blickgeschehen noch stärker von spezifischen Bildaspekten aus zu denken, wie beispielsweise die Gravität, Taktilität, die Anziehungskraft und Ambiguität.